Tierheim stöhnt über Katzenschwemme
Mehr als 90 Katzen sind hier untergebracht – Verein gerät auch personell an seine Grenzen
TUTTLINGEN - Das Tuttlinger Tierheim hat ein Kapazitätsproblem: Derzeit leben hier mehr als 90 Katzen, selbst die Quarantänestation platzt aus allen Nähten. Nicht nur räumlich, sondern auch personell stößt der Verein an seine Grenzen. Gränzbote-Redakteurin Ingeborg Wagner sprach darüber mit Birgit Ströhle. Sie ist die stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Tuttlingen und Umgebung.
Frau Ströhle, haben Sie eine Erklärung, warum es gerade jetzt so viele herrenlose Katzen gibt?
Nein, eigentlich nicht. Aber das ist auch kein momentanes Problem, es ist immer schon schlimm gewesen. Wir kastrieren die Tiere laufend, dennoch werden es Jahr für Jahr mehr. Sie können sich das ja selbst ausrechnen: Eine Katze wirft dreimal im Jahr, jeweils vier bis sechs Jungtiere.
Wie sieht die Belegung im Tierheim derzeit aus?
Wir haben mehr als 90 Katzen allen Alters, darunter 21 Neugeborene, die wir jetzt noch nicht vermitteln können. Mehr als 20 übriggebliebene Jungkatzen aus diesem Jahr, aber alt genug, dass wir sie abgeben könnten. Und der Rest ist zwischen einem Jahr bis älter. Unser normales Katzenhaus ist über und über belegt, auch das Pensionshaus. Das ist eigentlich gedacht, um Tiere vorübergehend aufzuneh- men, doch auch das brauchen wir für unsere Katzen. Hier sind zwei Katzenmütter mit ihrem Nachwuchs untergebracht. Und die Quarantänestation ist voll belegt.
Ist das auch ein finanzielles Problem? 90 Katzen fressen ja auch eine Menge.
Dabei macht das Futter nicht mal den größten Teil aus. Aber wir haben pro Tier Kosten von circa 80 Euro für die Kastration, Registrierung mit Tätowierung und Chip implantieren, dann impfen und entwurmen. In dieser Pauschale sind weitere Tierarztkosten nicht eingerechnet. Wenn Katzen so eng zusammenleben, dann haben sie Stress. Das führt zu Infektionen, zudem schwächt es die Tiere, weswegen sich Erkrankungen wie der Katzenschnupfen schnell ausbreiten. Der Tierarzt ist gerade Dauergast bei uns.
Wenn jemand eine Katze zu sich nach Hause holen will, was soll er tun? Einfach vorbeischauen?
Ja, das ist das beste. Die Öffnungszeiten sind auch auf unserer Homepage hinterlegt, wir freuen uns, wenn Interessenten kommen. Es ist auch möglich, eine Katze reservieren zu lassen, zum Beispiel wenn sie noch
in Quarantäne ist oder noch zu klein.
Wie sieht es mit der Leitung des Tierheims aus? Haben Sie eine Regelung gefunden?
Wir haben mit Rebecka Hauser und Benjamin Roml zwei ausgebildete Tierpfleger, die sich diese Aufgabe teilen. Die offizielle Leitung will aber keiner der beiden übernehmen. Unterstützt werden sie von zwei Auszubildenden und weiteren Mitarbeitern. Wenn Entscheidungen anstehen, die das Team nicht fällen will, wird der Vorstand zu Rate gezogen.
Ist die Katzenschwemme derzeit ihre einzige Sorge? Wie sieht es mit Hunden aus?
Tatsächlich haben wir zwei Hunde, die wir gerne vermitteln wollen. Aber die vielen Katzen überlagern derzeit alles. So schlimm die Situation auch jetzt schon ist, es wird noch viel schlimmer werden, und wir alle werden das merken.
Wie meinen Sie das?
Sie müssen sich klar machen, dass jede Katze zwischen 12 und 15 Junge pro Jahr zur Welt bringt. Wenn wir da nichts unternehmen, wie zum Beispiel ein rigoroseres Vorgehen beim Kastrieren, dann bekommen wir Zustände wie im Süden Europas. Das wird dann ganz normal sein. Deshalb appellieren wir an alle Katzenbesitzer, die Tiere zu kastrieren. Wichtig ist auch, die Katzen zu registrieren. Die Daten sind beim Deutschen Haustierregister gespeichert. Wenn wir ein registriertes Fundtier aufgreifen, müssen wir dort nur anrufen und bekommen die Kontaktdaten des Besitzers.