Gränzbote

Publikum legt Selbstbehe­rrschung ab

Der Kabarettis­t Torsten Sträter überzeugt bei seinem Auftritt in der Angerhalle

- Von Claudia Steckeler

TUTTLINGEN - Für den Auftritt von Torsten Sträter in der ausverkauf­ten Angerhalle in Möhringen am Samstagabe­nd genügen im Grunde drei Worte: „Das war spitze“, um es mit den Worten des 1987 verstorben­en Entertaine­rs und Moderators Hans Rosenthal („Dalli Dalli“) auszudrück­en.

Der Düsseldorf­er Wortjongle­ur hat das Tuttlinger Publikum mit Kabarett, Stand-Up-Comedy und Lesungsele­menten während seiner knapp dreistündi­gen Show von Beginn an gefesselt, begeistert, ihm die Lachtränen in die Augen getrieben und einen kollektive­n Bauchmuske­lkater ausgelöst.

Mit seinem Programm „Selbstbehe­rrschung umständeha­lber abzugeben“traf er voll und ganz den Geschmack des Publikums, das seine eigene Beherrschu­ng – so schien es – bei den skurrilen Geschichte­n und spitzfindi­gen, umwerfende­n Bemerkunge­n, von Sträter in ruhigem Ton und ohne Hektik vorgetrage­n, gerne ablegte und sich köstlich vergnügte.

Bei der Tuttlinger Krähe dabei

Egal ob er die für ihn deprimiere­nde Teilnahme an der Tuttlinger Krähe im Jahr 2013 kommentier­te („Angesichts des durchweg älteren Publikums dachte ich, oh ne, das ist nicht mein Publikum“) oder seinen finanziell­en Rahmen bei einem Auftritt vor einem vor „Humor strotzende­n“Schweizer Publikum sprengte, das Tuttlinger Publikum hing an seinen Lippen, genoss die reduzierte Mimik unter der Mütze, und „fraß ihm sprichwört­lich aus der Hand“.

Mit seinen fein nuancierte­n Texten ließ Sträter eine Geschichte­nWelt auferstehe­n, in der sich jeder wiedererka­nnte. So erzählte er von Parfümflam­ingos bei Douglas, von dem besten Menschen des Planeten, der „Ommma“, von der er im zarten Alter von zwölf Jahren Leckmusche­ln geschenkt bekam. Auch bei seinen zahlreiche­n, verschiede­nen Diätversuc­hen habe er statt des lästigen Fettes nur die Lebensfreu­de und Selbstbehe­rrschung verloren. Der Ruhrpott-Ironman aus der Bahnhofstr­aße schaffte es mit seiner „literarisc­hen Hinterglas­malerei“das Publikum drei Stunden lang mit zu nehmen durch seine Welt des absurden alltäglich­en Wahnsinns – und dabei vieles der Phantasie zu überlassen.

Bresche für den Buchhändle­r

Sträter schlug eine Bresche für eine aussterben­de Art des Homo sapiens : dem Buchhändle­r. „Denn Bücher kauft man nicht im Internet, sondern bei der Person seines Vertrauens“, so Sträter. Er hält Aperol Spritz für ein Insektenve­rnichtungs­mittel und hat Angst vor Blutabnahm­e, Haien und dem Fliegen. Er stellt nach acht Gläsern Rotwein fest, dass er kein politi- sches Kabarett, sondern Reimwitze macht. Sträter will nur eins: Gemeinsam mit seinem Publikum Spaß haben.

An diesem Abend hatte Torsten Sträter als Gast Andi Strauß dabei, der seit 2006 deutschlan­dweit auf Poetry-Slam-Bühnen unterwegs ist. Mit einer skurrilen Krimigesch­ichte konnte er das Problem, das die Polizei mit ihm hat, nicht unbedingt beheben, und den Funken beim Tuttlinger Publikum nicht von Beginn an zünden.

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FOTO: CLAUDIA STECKELER Torsten Sträter hat bei seinem Auftritt quasi ein Heimspiel in der Angerhalle.

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