Publikum legt Selbstbeherrschung ab
Der Kabarettist Torsten Sträter überzeugt bei seinem Auftritt in der Angerhalle
TUTTLINGEN - Für den Auftritt von Torsten Sträter in der ausverkauften Angerhalle in Möhringen am Samstagabend genügen im Grunde drei Worte: „Das war spitze“, um es mit den Worten des 1987 verstorbenen Entertainers und Moderators Hans Rosenthal („Dalli Dalli“) auszudrücken.
Der Düsseldorfer Wortjongleur hat das Tuttlinger Publikum mit Kabarett, Stand-Up-Comedy und Lesungselementen während seiner knapp dreistündigen Show von Beginn an gefesselt, begeistert, ihm die Lachtränen in die Augen getrieben und einen kollektiven Bauchmuskelkater ausgelöst.
Mit seinem Programm „Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben“traf er voll und ganz den Geschmack des Publikums, das seine eigene Beherrschung – so schien es – bei den skurrilen Geschichten und spitzfindigen, umwerfenden Bemerkungen, von Sträter in ruhigem Ton und ohne Hektik vorgetragen, gerne ablegte und sich köstlich vergnügte.
Bei der Tuttlinger Krähe dabei
Egal ob er die für ihn deprimierende Teilnahme an der Tuttlinger Krähe im Jahr 2013 kommentierte („Angesichts des durchweg älteren Publikums dachte ich, oh ne, das ist nicht mein Publikum“) oder seinen finanziellen Rahmen bei einem Auftritt vor einem vor „Humor strotzenden“Schweizer Publikum sprengte, das Tuttlinger Publikum hing an seinen Lippen, genoss die reduzierte Mimik unter der Mütze, und „fraß ihm sprichwörtlich aus der Hand“.
Mit seinen fein nuancierten Texten ließ Sträter eine GeschichtenWelt auferstehen, in der sich jeder wiedererkannte. So erzählte er von Parfümflamingos bei Douglas, von dem besten Menschen des Planeten, der „Ommma“, von der er im zarten Alter von zwölf Jahren Leckmuscheln geschenkt bekam. Auch bei seinen zahlreichen, verschiedenen Diätversuchen habe er statt des lästigen Fettes nur die Lebensfreude und Selbstbeherrschung verloren. Der Ruhrpott-Ironman aus der Bahnhofstraße schaffte es mit seiner „literarischen Hinterglasmalerei“das Publikum drei Stunden lang mit zu nehmen durch seine Welt des absurden alltäglichen Wahnsinns – und dabei vieles der Phantasie zu überlassen.
Bresche für den Buchhändler
Sträter schlug eine Bresche für eine aussterbende Art des Homo sapiens : dem Buchhändler. „Denn Bücher kauft man nicht im Internet, sondern bei der Person seines Vertrauens“, so Sträter. Er hält Aperol Spritz für ein Insektenvernichtungsmittel und hat Angst vor Blutabnahme, Haien und dem Fliegen. Er stellt nach acht Gläsern Rotwein fest, dass er kein politi- sches Kabarett, sondern Reimwitze macht. Sträter will nur eins: Gemeinsam mit seinem Publikum Spaß haben.
An diesem Abend hatte Torsten Sträter als Gast Andi Strauß dabei, der seit 2006 deutschlandweit auf Poetry-Slam-Bühnen unterwegs ist. Mit einer skurrilen Krimigeschichte konnte er das Problem, das die Polizei mit ihm hat, nicht unbedingt beheben, und den Funken beim Tuttlinger Publikum nicht von Beginn an zünden.