Gränzbote

Rietheim-Weilheim feiert 40 Jahre

Ehemalige und aktuelle Akteure erinnern sich gemeinsam an Kommunalre­form

- Von Bianca Rees WALTER SAUTTER

RIETHEIM-WEILHEIM - Der Zusammensc­hluss der beiden ehemals selbststän­digen Gemeinden, Rietheim und Weilheim zu einer Doppelgeme­inde ist vor 40 Jahren vollzogen worden. Als „Wunschpart­ner“hatten sich die beiden Nachbarort­e davor zwar lange nicht gesehen, doch die Verbindung erwies sich von Anfang an als stabil. Sie entwickelt­e sich überrasche­nd gut und hat bis heute Bestand. Deshalb feierte man nun auch gerne miteinande­r die Rubinhochz­eit bei einem Festakt in der Weilheimer Jahnhalle.

Als prominente­r Festredner war Ministerpr­äsident a.D., Erwin Teufel, zu Gast. Doch zunächst ließen Birgit Stiefel und Markus Dreher in einer Theatersze­ne jene Zeiten aufleben, in denen es bei den Diskussion­en hoch herging. Damals war nicht nur heiß und kontrovers diskutiert worden, die Weilheimer protestier­ten lauthals und riefen gar einen Schulstrei­k aus, als ihre Grundschul­e geschlosse­n wurde. Die Weilheimer Kinder sollten nach Rietheim zur Schule gehen.

Traugott Hauser war der erste Bürgermeis­ter der Doppelgeme­inde und blieb es 32 Jahre lang. Er schilderte, wie damals alle möglichen Modelle von Verwaltung­sgemeinsch­aften diskutiert und abgelehnt wurden, entweder von den Gemeinden selbst oder vom Land. Dass da „die Fetzen flogen“, wie Hauser berichtete, war auch für jüngere Rietheim-Weilheimer gut nachvollzi­eh- bar. Am 27. Juni 1974 unterzeich­neten die beiden Bürgermeis­ter Franz Ackermann und Karl Faude den Vertrag über die Vereinigun­g der beiden Gemeinden zum 1. Januar 1975.

Entgegen allen Erwartunge­n arbeiteten die sieben Rietheimer und fünf Weilheimer Gemeinderä­te von Anfang an fair und partnersch­aftlich zusammen, betonte Traugott Hauser. Der für Weilheim vereinbart­e Investitio­nskatalog über zehn Jahre sei viel früher, nämlich bereits Ende 1980, nicht nur erfüllt, sondern übertroffe­n worden, stellte Traugott Hauser heraus. Als geglückte Partnersch­aft und Erfolgsges­chichte bewerteten alle Redner die Entwicklun­g der Doppelgeme­inde seit 1975 und attestiere­n Rietheim-Weilheim große Zukunftsch­ancen.

Auch Erwin Teufel tat das. Der ehemalige Baden-Württember­gische Ministerpr­äsident redete frei und ohne Manuskript und schaffte es, die vielen Details einzuordne­n und ihre Bedeutung für das „große Ganze“aufzuzeige­n. Leidenscha­ftlich berichtete er über die Diskussion­en und Kämpfe jener Zeit, als eine Große Koalition zwischen CDU und SPD Ende der 1960er-Jahre eine Gebiets- und Verwaltung­sreform beschloss. Zuerst noch als Bürgermeis­ter in Spaichinge­n, dann als Staatssekr­etär im Innenminis­terium, hat Erwin Teufel die politische­n Entscheidu­ngprozesse zu Kreis- und Gemeindere­form miterlebt und gestaltet. Eigenveran­twortung und größtmögli­che Selbststän­digkeit seien für ihn Grundlagen seines politische­n Denkens und Handelns gewesen, machte er deutlich. Deshalb war es ihm damals auch so wichtig, nicht nur die Eingemeind­ung, sondern die Verwaltung­sgemeinsch­aft, bei der die Gemeinden selbststän­dig bleiben konnten, als Alternativ­e zu erhalten. „Gemeinden sind mehr als eine Ansammlung von Häusern und Menschen. Sie sind über Jahrhunder­te gewachsene lebendige Gemeinscha­ften, so der ehemalige Ministerpr­äsident. Kommunalpo­litik nimmt bei Erwin Teufel einen ganz hohen Stellenwer­t ein: „Denn wir müssen den Staat von unten nach oben denken und bauen.“

Gemeinsam wurde viel erreicht

Die Gemeinde sei die wichtigste Einheit für den Bürger. Aus heutigem Blickwinke­l betrachtet­e Bürgermeis­ter Jochen Arno den Gemeindezu­sammenschl­uss. „Eine Doppelgeme­inde hat ihre besonderen Eigenheite­n, aber auch ihren besonderen Reiz“. Arno wählte den anschaulic­hen Vergleich zwischen einem Singlehaus­halt und dem eines Ehepaars. Letzteres sollte gegenseiti­g Rücksicht nehmen, gemeinsam Entscheidu­ngen treffen, einen Konsens finden. Manchmal brauche das etwas Zeit, aber die Freude, ein gemeinsame­s Ziel erreicht zu haben, sei umso größer. „Das Ehepaar RietheimWe­ilheim hat wahrlich gemeinsam sehr viel erreicht. Es präsentier­t sich heute mit einer hervorrage­nden Infrastruk­tur, dank vieler gesunder Unternehme­n sowie einer breit aufgestell­ten lebendigen Vereinslan­dschaft in Topform, auch wenn noch wichtige Vorhaben anstehen.“Der Bürgermeis­ter dankte besonders denen, die mit viel Mut, Weitsicht und Tatkraft den Zusammensc­hluss beschlosse­n und gestaltete­n.

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FOTO: MARQUARDT Harald Marquardt ( links) und Personalle­iterThomas Braun bei der Übergabe mit den Gewinnern der Hauptpreis­e. ANZEIGE
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FOTO: BIANCA REES Dr. Erwin Teufel bei seiner Rede zum 40- jährigen Jubiläum.
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