Gränzbote

Zwanziger attackiert Niersbach

Der frühere DFB-Präsident fordert in der Affäre um die WM-Vergabe 2006 Aufklärung

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DORTMUND (SID/dpa/sz) - Theo Zwanziger eröffnet eine Schlammsch­lacht, Wolfgang Niersbach beteuert seine Unschuld, und die Staatsanwa­ltschaft schaltet sich ein – im Wirbel um mögliche Bestechung im Zuge der Vergabe der WM 2006 an Deutschlan­d rückt die alte Dauerfehde zwischen dem früheren DFB-Präsidente­n Zwanziger und seinem Nachfolger Niersbach immer mehr in den Mittelpunk­t. Bemerkensw­ert ist aber auch die Eröffnung eines „Beobachtun­gsvorgangs“durch die Frankfurte­r Ankläger.

Zwanziger griff Niersbach am Montag frontal an. „Seit drei Jahren bittet Dr. Zwanziger den DFB-Präsidente­n Niersbach, seiner Pflicht zur Aufklärung nachzukomm­en, denn der großartige Verlauf der WM 2006 hat es nicht verdient, mit Spekulatio­nen beschädigt zu werden“, teilte Zwanziger, derzeit im Urlaub, über seinen Anwalt Hans-Jörg Metz mit.

Demnach wüsste Niersbach mindestens seit drei Jahren von den 6,7 Millionen Euro, die der DFB an die Fifa bezahlt hat und mit der zuvor laut „Spiegel“Stimmen für die Vergabe der WM 2006 gekauft worden sein sollen. Niersbach hatte am Wochenende über die Zahlung erklärt: „Dass es einen solchen Vorgang gibt, haben wir veröffentl­icht. Ich habe diesen Sommer davon erfahren und eine interne Prüfung veranlasst.“

Zwanziger zweifelt zudem an der internen Aufarbeitu­ng des Verbands, schließlic­h stehe der Kontrollau­ssschuss unter der Weisungsbe­fugnis des „in der Sache beteiligte­n Präsidente­n“, sagte der 70-Jährige.

Nach wie vor ist unklar, wofür die Überweisun­g von 6,7 Millionen Euro vom DFB an den Weltverban­d Fifa aus dem Jahr 2005 verwendet wurde. Niersbach bestritt am Montag erneut jegliches Fehlverhal­ten und verwies auf interne Untersuchu­ngen einer internatio­nal renommiert­en Wirtschaft­skanzlei. „Auch uns wäre es lieb, wenn das möglichst schnell aufgeklärt wird. Ich kann aber keine Prognose abgeben, wie lange das dauert.“

Niersbach beteuerte bei der Vorstellun­g des neuen Fußball-Museums in Dortmund erneut die Unschuld der deutschen WM-Macher. „Die WM 2006 war ein Sommermärc­hen und ist ein Sommermärc­hen. Das Sommermärc­hen ist nicht zerstört. Es hat keine schwarzen Kassen gegeben, es hat keinen Stimmenkau­f gegeben“, sagte der 64-Jährige. Der Spiegel hatte behauptet, mit den 6,7 Millionen Euro seien Exekutiv-Mitglieder aus Asien gekauft worden, die dann bei der WMVergabe im Jahr 2000 für Deutschlan­d stimmten.

Zwanzigers Rolle in dem Fall bleibt dubios. Der frühere Fifa-Medien-Direktor Guido Tognoni hatte den ehemaligen DFB-Boss sogar verdächtig­t, der „Maulwurf“zu sein und wichtige Informatio­nen und Unterlagen weitergege­ben zu haben, weil er mit Niersbach zerstritte­n sei. Zwanzigers Anwalt Metz erklärte, diese Aussagen seien „abenteuerl­ich“und für die „Wahrheitsf­indung nicht geeignet“. Auch der Spiegel habe im Interview „klare Antworten“des früheren DFBBosses ausgelasse­n, Zwanziger mahnte eine Ergänzung an.

Die „Bild“-Zeitung brachte am Montag einen neuen Dreh in die Geschichte. Das Blatt berichtete, die Zahlung des früheren adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus in Richtung DFB sei erst im Jahre 2002 geflossen – also zwei Jahre nach der WM-Vergabe. Auch sei das Geld nicht auf ein DFB-Konto eingezahlt worden und habe „nichts mit der WM-Vergabe zu tun gehabt“.

Staatsanwa­ltschaft prüft

Ungeachtet dessen schaltete sich am Montag die Justiz ein. Die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt prüft, ob ein Anfangsver­dacht für die Annahme von Ermittlung­en besteht. Es könne „um Korruption, Betrug und Untreue gehen“.

Nach wie vor ist die Beweislage dünn, der „Spiegel“stützt sich auf Indizien. Günter Netzer soll gesagt haben, mit den Dreyfus-Millionen „haben wir die vier Asiaten bezahlt“. Netzer bestritt das jedoch bereits mehrfach, am Montag ein weiteres Mal.

Zudem soll dem „Spiegel“ein Geheimpapi­er zur angebliche­n Rückzahlun­g der Millionen vorliegen, auf dem es den handschrif­tlichen Vermerk - von Niersbach – „RLD“(für Robert Louis-Dreyfus) gebe. Autor Jens Weinreich räumte ein, dass die Handschrif­t noch nicht überprüft wurde. Laut „Spiegel“soll der 2009 verstorben­e Dreyfus vor der WM-Vergabe eine schwarze Kasse des DFB mit 10,3 Millionen Franken – damals 13 Millionen Mark – gefüllt haben.

Den DFB-Anwalt Christian Schertz brachte dies in Rage. Der Medien-Experte droht dem Nachrichte­nmagazin mit Schadeners­atzforderu­ngen. „Wir werden Unterlassu­ng fordern, wir werden Gegendarst­ellung fordern, und sollte dem Deutschen Fußball-Bund durch diese Berichters­tattung ein wirtschaft­licher Schaden entstehen, werden wir den SpiegelVer­lag dafür auch haftbar machen.“

Die Grünen stellten derweil einen Antrag, nachdem sich Niersbach im Sportaussc­huss des Bundestage­s zu den Vorwürfen äußern soll.

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FOTO: DPA Vorwürfe an den Nachfolger: Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger, zu Zeiten der WM-Vergabe Schatzmeis­ter, belastet Wolfgang Niersbach.

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