Pfeifen im Hardtwald? Jein!
Nico Rosberg, derzeit 73 Punkte hinter seinem Mercedes-Kollegen Lewis Hamilton, holt sich beim DTM-Finale Energie für den Formel-1-Endspurt
HOCKENHEIM - Sonntagsausflüge gelten als probates Mittel, den Kopf freizubekommen: raus aus dem JobTrott, was anderes sehen! Nico Rosberg, 30, Wahlmonegasse, Berufskraftfahrer, weiß das. Der Hockenheimring ist zwar kein unbekanntes Terrain für ihn; auch, dass junge Männer gasgebend ihren Schnellsten suchen, ist ihm nicht fremd. Dennoch: Ein Abstecher zum DTM-Finale bietet willkommene Abwechslung im Saison-Endspurt der Formel 1. Das Duell mit Lewis Hamilton hat Pause – wenigstens für ein paar Stunden –, die Meisterschaftstriumphe von Pascal Wehrlein und dessen „goix/OriginalTeile Mercedes AMG-Team“heben die Stimmung. Unglaublich sei „der ganze Erfolg überall“im MercedesMotorsport-Segment, „da bin ich stolz, Teil davon zu sein“.
Kein unbedeutender Teil – hat Motorsportchef Toto Wolff erst vergangenen Montag bekräftigt. Da feierte das „Mercedes AMG Petronas Formula One Team“mit der Belegschaft seiner Werke in Brackley und Brixworth den neuerlichen, vorzeitigen Gewinn der Konstrukteursweltmeisterschaft: „Nico war einer der Baumeister des heutigen Erfolgs, von Anfang an.“Fünf Jahre gibt es den Mercedes-Chauffeur Rosberg nun, im aktuellen F1 W06 Hybrid steckt manches an Input, an Entwicklungsarbeit, an Ideen made by Rosberg. Der Output allerdings ist derzeit klar zu seinen Ungunsten verteilt: neun Saisonsiege Lewis Hamilton, drei (in Barcelona, Monte Carlo und Spielberg) der gebürtige Wiesbadener, 12:3 für den Briten im Qualifikationsvergleich, 302:229 nach WM-Punkten.
Vier Rennen stehen noch aus 2015, das nächste kommenden Sonntag (20 Uhr MEZ/RTL) in Austin auf dem „Circuit of the Americas“. Da, wird der Sonntagsausflügler im Badischen gefragt, werde er eine weitere TitelFete – jene Lewis Hamiltons – ja eher vereiteln wollen. Sicherstes Mittel (und fast das einzige, das eine Chance auf die Fahrer-Weltmeisterschaft aufrechterhält) wäre Platz eins: „Ich fahr’ auf Sieg, das ist klar. Es ist eine realistische Option, zu gewinnen.“
Pfeifen im Hardtwald? Jein: Zuletzt in Sotschi saß Nico Rosberg ganz of- fensichtlich im schnelleren Mercedes, führte. Dann verweigerte die Rückholfeder des Gaspedals den Dienst, „das ging voll in die Hose“. Wiederholung unerwünscht, da fatal. Und deshalb kein Thema in Hockenheim: „Ich habe die Möglichkeit, alle vier Rennen zu gewinnen. Ich bin motiviert.“Da fällt der Name Sebastian Vettels (236 Punkte, Gesamtzweiter) genau zur rechten Zeit: Wie wichtig es wäre, zumindest den Landsmann im Ferrari wieder zu überflügeln, ehe final abgerechnet wird? „Ich denke überhaupt nicht an den Vize-Titel momentan. Ich kämpfe um den Titel!“
Den hat Pascal Wehrlein schon. Nico Rosberg gratulierte, überreichte zum 21. Geburtstag einen – pardon: ziemlich improvisierten – Kuchen mit zwei (?) Kerzen, lobte die Hilfe des Kollegen in Formel-1-Simulator wie -Testrunden und gab zu verstehen, dass er ihm in Sachen Zukunftsplanung „jetzt nicht ’nen Ratschlag geben“könne. „Ich denke mal, dass er sich erhofft, in die Formel 1 zu kommen. Das ist halt noch einmal ein Schritt höher als die DTM. Noch schnellere, tollere Autos.“
Das schnellste, tollste auch 2015: das mit dem Stern. Weshalb Pascal Wehrleins Geburtstagswunsch, launig, augenzwinkernd vorgetragen, nur konsequent war: Dürfe er, wie er wolle, dann ... „würd’ ich nächstes Jahr bei Mercedes in der Formel 1 fahren“. Trifft sich doch chic, dass dort jüngst viele Fahrerlager-Gespräche (auch manche in Hockenheim) um den Einsatz eines dritten Autos zumindest durch die Spitzenteams kreisten. Kein Sonntagausflugs-Sujet.
Nico Rosberg hat lieber „so viel Energie“mitgenommen vom Motodrom. Auch, wenn der Tagessieger keinen Mercedes lenkte: Jamie Green war in einem Audi RS5 DTM unterwegs. Für das „Team Rosberg“. Besitzer: Rosberg senior – Papa Keke.