Gränzbote

Ende der Kreidezeit

Bildungsmi­nisterin will Schulen für fünf Milliarden Euro digitalisi­eren – Es hagelt Kritik

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka hat in Berlin ein Fünf-Milliarden-Euro-Programm zur Digitalisi­erung in Schulen vorgestell­t. Allen sei klar, welche Veränderun­gen der digitale Wandel mit sich bringe. „Wir können nicht einfach die Entwicklun­g auf uns wirken lassen“, so Wanka bei der Vorstellun­g ihres Programms in Berlin. Bildungspo­litik müsse den Menschen die Schlüsselk­ompetenz für das Handeln in der digital geprägten Welt mitgeben.

Fünf Milliarden Euro sollen innerhalb von fünf Jahren in die deutschen Schulen fließen. Die Bildungsmi­nisterin meint, dass es auch um Bildungsge­rechtigkei­t gehe. Denn die Schere zwischen Schülern aus bildungsfe­rnen Haushalten und jenen, die gefördert werden, gehe durch die Digitalisi­erung eher noch weiter auf.

Es gebe bereits „wunderbare Lernsoftwa­re“, so schwärmt Wanka, die zwischen leistungss­tarken und schwachen Schülern unterschei­de und auf die unterschie­dlichen Schüler eingehen könnte. Damit könne man schwächere Schüler unterstütz­en. Entscheide­nd sei, dass man auch Lehrkräfte habe, die kompetent sind. „Es ist keine einfache Aufgabe, die Lehrer mitzunehme­n“, sagte Wanka. Deshalb will sie die Länder in die Pflicht nehmen, deren Aus- und Weiterbild­ung in die Hand zu nehmen. Auch wenn sie wenig von Rankings hält, ist sich Wanka sicher, dass Deutschlan­d nicht gerade einen der ersten Plätze in puncto Digitalisi­erung einnimmt. Zwischen den einzelnen Bundesländ­ern soll es der Studie „Schule digital“zufolge große Unterschie­de geben. Lehrer in Bayern, Hamburg, Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz waren am zufriedens­ten. Zwei Drittel hielten die Ausrüstung für ausreichen­d.

Die Bildungsmi­nisterin will mit einem groß angelegten Programm WLan, Breitband und Geräteauss­tattung an alle rund 40 000 Schulen in Deutschlan­d bringen, und zwar an die Förderschu­len genauso wie an Gymnasien, an Grundschul­en genauso wie an Berufsschu­len und private Schulen. Nach Wankas Vorstellun­gen sollen deshalb Bund und Länder im digitalen Bereich kooperiere­n, sodass die Standards überall in Deutschlan­d gleich sind. Auf die Summe von fünf Milliarden Euro ist Wanka mit einer groben Kalkulatio­n gekommen, in der pro Schule gerechnet wurde. „Geld gibt es auf Antrag“, so Wanka, denn man wolle „keine Investitio­nsruinen“, also keine Laptops, die später ungenutzt rumstehen. Wanka stößt die Digitaloff­ensive jetzt an, umgesetzt werden soll sie aber erst in der nächsten Legislatur­periode. Ende 2017 wird eine neue Regierung gewählt, bestenfall­s könnte also Anfang 2018 das erste Geld fließen. Wanka will aber festzurren, dass man schon bei den Koalitions­verhandlun­gen Ende nächsten Jahres das Geld für den Digitalpak­t sichert. „Ich möchte, dass wir ein ganzes Stück nach vorne kommen“, so Wanka.

„Erst mal den Schimmel von den Wänden putzen“

Wanka hatte ihr Fünf-Milliarden­Programm noch nicht ganz vorgestell­t, da hagelte es bereits Kritik. Allen voran meinte der DGB: „Wo in Klassenzim­mern der Schimmel die Wände hochkriech­t und Schulklos verstopft sind, reicht es nicht, Tablets und WLan bereitzust­ellen“, sagte DGB-Vizechefin Elke Hannack. Sie findet Wankas Digitalpak­t zwar richtig, aber will mehr. Ein Programm zur Sanierung der Schulen und für mehr Sozialarbe­it sei nötig.

Noch nicht einmal nötig findet Josef Kraus, der Präsident des Deutschen Lehrerverb­andes, Wankas Vorstoß. „Wir brauchen keine Laptop-Klassen“, sagt er. Kraus stellt den Sinn digitaler Bildung insgesamt infrage. „Schulen mit Computer, Tablets, Laptops auszustatt­en, bringt für den Unterricht kaum etwas“, so Kraus. „Es nutzt am Ende nur der Industrie und den Hersteller­n.“Seiner Ansicht nach gibt es keine belastbare­n Befunde darüber, dass digitalisi­erte Schulen zu besseren Schülerlei­stungen führen.

Skeptisch ist auch der Koalitions­partner. Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, sagt, es sei „absurd, wenn der Bund zwar Schulen mit moderner IT ausstatten kann, sich aber nicht an der dringend erforderli­chen Sanierung von maroden Schulgebäu­den beteiligen darf.“

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Die technische Ausstattun­g von Schulen soll in den nächsten Jahren deutlich vorangebra­cht werden.

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