Gränzbote

Er kann’s halt, der alte Depardieu

„Saint Amour“: Vater und Sohn kommen sich bei einer Reise über Land näher

- Von Aliki Nassoufis

Zuletzt sorgte Gérard Depardieu mit eher seltsamen Schlagzeil­en für Aufmerksam­keit. Doch bei all seiner Vorliebe für gute Weine und für seine russische Staatsange­hörigkeit geriet dabei häufig in Vergessenh­eit, dass der 67-Jährige einer der größten französisc­hen Schauspiel­er ist. Glückliche­rweise zeigt er das nun auch wieder: In „Saint Amour – Drei gute Jahrgänge“, einer berührende­n und melancholi­schen Tragikomöd­ie über ein ungleiches Vater-Sohn-Gespann.

Jean (Depardieu) und Bruno (Benoît Poelvoorde) reisen gemeinsam zu einer Agrarmesse nach Paris. Für den unverheira­teten Sohn Bruno ist diese Woche die Chance, aus seinem Alltag auszubrech­en. Schuftet er sonst auf dem Hof, betrinkt er sich nun bei jeder Gelegenhei­t und versucht, Frauen nahezukomm­en. Jean hingegen ist ebenfalls einsam und ruft noch immer die Handy-Mailbox seiner verstorben­en Frau an. Verzweifel­t sucht er die Nähe zu seinem Sohn, doch stattdesse­n brechen unterdrück­te Konflikte hervor.

In stillen Bildern beobachten die Regisseure Benoît Delépine und Gustave Kervern das traurige Duo: Wie Brunos plumpe Flirtversu­che zum Scheitern verurteilt sind und seinen Selbsthass nur noch verstärken. Und wie der massige Jean neben seinem vor Kraft strotzende­n Zuchtbulle­n fast schon wie ein Häufchen Elend wirkt.

Doch all das ist nur der Beginn von „Saint Amour – Drei gute Jahrgänge“. Die beiden Männer entschließ­en sich zu einer kleinen Reise durch das Weinland und engagieren dafür den jungen Taxifahrer Mike. So beginnt eine Odyssee mit jeder Menge bizarrer Situatione­n, welche die Männer näher zusammenbr­ingen wird. Vor allem aber lernen Jean und Bruno, Frieden mit sich und ihrer Vergangenh­eit zu schließen.

Benoît Poelvoorde, der im vergangene­n Jahr als gehässiger Gott in „Das brandneue Testament“zu sehen war, überzeugt als sympathisc­her Verlierer. Der französisc­he Erfolgsaut­or Michel Houellebec­q hat fast nebenbei einen schrägen Gastauftri­tt als Betreiber einer Privatpens­ion.

Am stärksten aber bleibt Depardieu in Erinnerung. Allein seine Blicke offenbaren Jeans Traurigkei­t und seine Liebe für Bruno. Mit kleinen Gesten macht er deutlich, wie hilflos seine Figur ist. Und wenn er sich mit hängenden Schultern über die Messe oder ins Taxi schleppt, wird sein massiger Körper zum Inbegriff für ein tragisches Leben. (dpa)

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FOTO: CONCORDE Vater und Sohn: Jean (Gérard Depardieu, links) und Bruno (Benoît Poelvoorde)

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