Gränzbote

Reitzles Vermächtni­s

- Von Andreas Knoch

Es war ein desaströse­s Bild, das Linde in den vergangene­n Monaten der Öffentlich­keit darbot. Feindselig­keiten in der obersten Führungsri­ege, die CEO Wolfgang Büchele und CFO Georg Denoke den Job gekostet haben, eine im ersten Anlauf spektakulä­r verpatzte Fusion mit dem US-Rivalen Praxair – dem langjährig­en Chef des Gasekonzer­ns, Wolfgang Reitzle, musste das Treiben in der Münchener Konzernzen­trale physische Schmerzen bereitet haben. Reitzle, Manager des Jahres 2007, hatte aus dem Gemischtwa­renladen Linde den weltweit größten Gaseanbiet­er geformt – und von 2002 bis 2014 an der Unternehme­nsspitze eine beeindruck­ende Erfolgsges­chichte geschriebe­n. Im Jahr seines Abgangs übergab Reitzle ein intaktes Unternehme­n.

Zwei Jahre später ist davon nur noch wenig übrig: operative Probleme, ein Vakuum an der Firmenspit­ze, der Dauerrival­e Air-Liquide enteilt. Reitzle musste handeln, um sein Vermächtni­s zu retten. Und das tat er in seiner Funktion als Chefkontro­lleur. Die Einigung mit Praxair ist im Wesentlich­en auf seinen Druck hin zustande gekommen. Strategisc­h ist die Fusion zweifellos sinnvoll. Doch nun muss Reitzle aufpassen, dass Linde in dem neuen amerikanis­ch-deutschen Großkonzer­n nicht zu viele Federn lässt. a.knoch@schwaebisc­he.de im Aufsichtsr­at zu dem Geschäft sei noch nicht garantiert, sagt der Konzernbet­riebsratsc­hef und stellvertr­etende Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Hans-Dieter Katte.

Offen ist auch, was mit dem zyklisch schwankend­en und weniger renditesta­rken Anlagenbau geschieht. Die Hälfte der 7000 Beschäftig­ten in dieser Linde-Sparte arbeitet in Pullach, Traunstein und Dresden. Wenn bald wieder mehr Aufträge aus Russland und dem Iran kommen, wird es möglicherw­eise schwierig für einen US-Konzern.

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