Gränzbote

„Ich biedere mich nicht an“

Michael Mittermeie­r über die Jugend und Hass in der Gesellscha­ft

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BERLIN - Vor 20 Jahren hatte er seinen künstleris­chen Durchbruch: Die Bühnenshow „Zapped!“, in der Michael Mittermeie­r die Absonderli­chkeiten des Fernsehpro­gramms durch den Kakao zog, machte den bayerische­n Komiker 1996 zum Comedystar. Auch dieses Jahr ist der 50-Jährige auf großer Tournee. Im Gespräch mit Cornelia Wystrichow­ski spricht er über die Jugend, Humor und Donald Trump.

Herr Mittermeie­r, Sie sind dieses Jahr 50 geworden. Wird es schwierige­r, den Kontakt zu jungen Leuten und deren Art von Humor zu halten?

Ich habe dieses Gefühl nicht. Ich biedere mich auch nicht an, ich mache kein Programm extra für Junge. Ich habe schon immer das gemacht, worauf ich Bock habe, und es sind immer junge Leute gekommen. Die mögen ja auch gute Comedy – ob der Künstler 50 oder 20 ist, ist ihnen dabei egal. Ich habe eine Nummer über den G7-Gipfel, das ist ja nicht per se ein junges Thema, aber sie kommt gut an, weil sie sehr persönlich, mit meinen Augen erzählt ist. Es ist immer eine Frage der Energie und der Attitüde, die man hat.

„Fly sein“wurde zum Jugendwort des Jahres gekürt. Hatten Sie das vorher schon einmal gehört?

Was ich an den Jugendwort­en gut finde, ist, dass es Kreativsch­öpfunMann gen sind. Was hatten wir denn früher in dieser Hinsicht? Wörter wie „krass“oder „fett“. Heute hast du „Smombie“, das ist ein Smartphone­User, der nicht mehr von seinem Handy wegkommt und wie ein Zombie rumläuft. Großartig, das ist Comedy pur. Es wird heute oft so negativ über die Jugend gesprochen, aber schaut euch solche Begriffe an: Hey, das ist kreativ!

Sie sind vor 20 Jahren bekannt geworden. Ist das Comedygesc­häft heute schwierige­r als damals?

Für mich ist es dank meiner Erfahrung eher leichter geworden, und die Themen liegen auf der Straße. Schauen Sie sich doch um: Männer meines Alters kommen mit so kleinen Hunderatte­n, wie sie früher nur alte Frauen hatten, ins Café – wollen die damit was abwischen, wenn sie aus dem Mund sabbern? Keine Ahnung, was das soll. Oder die hohe Politik. Es hat doch was Absurdes, dass wir jetzt auf die amerikanis­che Royal Family schauen, die Trumps, die bunt angemalt sind wie die Familie Munster. Das ist surreal.

Sehen Sie die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidente­n auch mit einem lachenden Auge, weil der Mann ein gefundenes Fressen für Comedians und Satiriker ist?

Überhaupt nicht. Donald Trump ist eine schamlose, zynische, menschenve­rachtende Person. Der hat keine Haltung, und das mag ich nicht. Außerdem brauchen nur schlechte Kabarettis­ten schlechte Politiker, um gute Nummern zu machen. Und ich bin sowieso nicht auf politische Aktualität angewiesen, um die Leute zu unterhalte­n. Ich finde meine Themen auch so. Wenn bei einem Martinsumz­ug ein kleiner Junge statt mit einer Laterne mit einem leuchtende­n „Star Wars“-Laserschwe­rt rumläuft, das ist doch absurd. Dann kommt die dunkle Seite der Macht, also der Pfarrer, und will ihm das Schwert wegnehmen, und der Kleine sagt: „Der heilige Martin hatte aber auch ein Schwert.“– Toll!

Hatten Sie wegen Ihrer Späße auch schon Ärger?

Ich bin im Lauf meiner Karriere immer wieder beschimpft worden, von Katholiken, von Scientolog­en, von Zeugen Jehovas. Irgendjema­nd regt sich immer auf. Leider ist der Hass in der Argumentat­ion mittlerwei­le so groß geworden. Wenn du heute was machst, gerade bei politische­r Satire: Mein Gott, wirst du beschimpft! Vor allem die Rechten sind richtige Humormemme­n. Ich habe früher auf alle Parteien eingesäbel­t, von der CDU bis zu den Linken, und ich habe nie so hasserfüll­te Reaktionen bekommen, wie wenn ich heute etwas über die AfD mache. Es sollte uns zu denken geben, welcher Hass sich in unserer Gesellscha­ft breitgemac­ht hat. Wenn es in einem Post heißt, dem Mittermeie­r sollte der Kopf abgeschlag­en werden, dann hat das nichts mit Meinung zu tun. Das ist nur hasserfüll­tes Gebrabbel.

Macht Ihnen so etwas keine Angst?

Meine Angst und meinen Hass kriegen sie nicht, die Internet-Trolle nicht und die Terroriste­n auch nicht. Wir dürfen unser Leben nicht ändern. Wenn ich auf die Bühne gehe, möchte ich die Menschen zwei Stunden zum Lachen bringen. Da können die Leute mal durchschna­ufen, und das ist meine Intention. Ich schaue mir selber auch gerne lustige Sachen an – das tut gut in einer Zeit, in der so viele schlimme Dinge passieren.

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