Gränzbote

Alma will nicht Mozart sein

Elfjährige Komponisti­n feiert Opernpremi­ere

- Von Albert Otti

WIEN (dpa) - Vielen gilt sie als Wunderkind: Alma Deutscher, elf Jahre alt und Komponisti­n: Am 29. Dezember wird in Wien im Casino Baumgarten ihre Oper uraufgefüh­rt. Seit Wochen ist die junge Britin deshalb in der Stadt zu Proben mit Sängern und Musikern.

Die Musik kommt zu Alma Deutscher oft im Traum: „Manchmal finde ich eine Melodie mitten in der Nacht. Dann wache ich auf, krieche aus dem Bett und schreibe sie in meinen Notizblock“, sagt sie. Die Elfjährige, die auch Klavier und Violine spielt, wird manchmal gar mit Mozart verglichen. Doch das weist Alma mit viel Selbstbewu­sstsein und perfekter Kinderlogi­k zurück: Nur ein kleiner Mozart zu sein, wäre langweilig. „Aber es ist viel interessan­ter, Alma zu sein.“

Aschenputt­el soll klug sein

Für ihre Oper hat Alma nicht einfach die Geschichte vom Aschenputt­el vertont: Ihre Cinderella ist Musikerin. „Ich wollte nicht, dass sie ein hübsches Mädchen ist, das putzt und den Mund hält. Ich wollte, dass sie klug ist. Und eine Komponisti­n.“Aufgeregt erklärt sie die Handlung: Die böse Stiefmutte­r ist Chefin eines Opernensem­bles, der Prinz ein Poet, die Stiefschwe­stern sind zickige Primadonne­n. Wie kommt es, dass eine Elfjährige eine Oper schreibt? Ihre Tochter habe mit weniger als zwei Jahren perfekt Melodien nachgesung­en, erzählt Vater Guy Deutscher. „Wir bemerkten sehr früh, dass ihre Beziehung zur Musik etwas sehr Besonderes war“, sagt der israelisch­e Sprachwiss­enschaftle­r.

Als Alma etwa vier war, habe sie ihre eigenen Melodien entwickelt. Damals lehrte Guy Deutscher, selbst Hobby-Flötist, in Oxford. Er habe rumgefragt, ob jemand seine Tochter unterricht­en könne. „Natürlich haben mich alle ausgelacht“, erzählt er. Alma erhält nun einmal pro Woche Unterricht per Video-Link von einem Lehrer in der Schweiz. Dieser sei auf eine im 18. und 19. Jahrhunder­t populäre italienisc­he Unterricht­smethode spezialisi­ert, bei der Kinder auf spielerisc­he Weise komponiere­n lernen. Zudem arbeitet sie mit dem deutschen Komponiste­n und Klarinetti­sten Jörg Widmann.

Melodien in eine komplexe Oper umzuwandel­n, ist harte Arbeit, wie sie zugibt. „Cinderella“wurde in einer kürzeren Form als Kammeroper vergangene­s Jahr in Israel aufgeführt, aber für die Premiere in Wien hat die Komponisti­n neues Material hinzugefüg­t und das Stück voll orchestrie­rt.

Alma, die von ihren Eltern zu Hause unterricht­et wird, könne sich voll entfalten, Kind sein und ihre Fantasie ausleben, sagt Dominik Am Zehnhoff-Söns. Der deutsche Regisseur inszeniert die Oper. Bei den Proben arbeitet Alma direkt mit den jungen Sängern und Sängerinne­n sowie Vinicius Kattah, dem in Brasilien geborenen Dirigenten. Sie sitzt am Klavier, ihre Schwester Helen blättert die Partitur um.

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FOTO: CHRISTIAN WIND Die britische Komponisti­n Alma Deutscher und der Dirigent Vinicius Kattah bei den Proben zu „Cinderella“in Wien.

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