Den schönen Schein nicht wahren
Leichtathletik-Funktionär Prokop widerspricht Thomas Bach in Sachen Russland
FRANKFURT (SID) - Clemens Prokop vermutet, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) und dessen Präsident Thomas Bach in der Russland-Frage zum Schutz von Eigeninteressen die rechtlichen Möglichkeiten nicht ausschöpfen. In einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“(FAZ) fordert der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes eine Suspendierung des russischen Nationalen Olympischen Komitees „bis zur Lösung seines Doping-Problems“und „zum Schutz aller betroffenen Athleten und von Fair-Play im Wettkampf“.
Prokop, Präsident des Amtsgerichtes Regensburg, bezog sich auf Aussagen Bachs in einem FAZ-Interview, in dem der IOC-Präsident erneut seine Ablehnung einer Kollektivsperre gegen Russland verteidigt hatte. Prokop schrieb, Bachs Argumentation laufe darauf hinaus, das weltweite Doping-Problem letztlich auf ein individuell zu verantwortendes Geschehen zu reduzieren. „Diese Sichtweise mag für Länder zutreffend sein, in denen die Institutionen der Doping-Bekämpfung funk- tionieren. Sie bietet jedoch keine Lösung für Länder an, in denen Doping institutionell vom Staat gefördert wird.“
Diese Fälle des „national institutionalisierten Dopings“seien für die Zukunft des Sports „am gefährlichsten“. Sanktionen gegen die NOKs betroffener Länder „würden jedoch zu Konflikten mit Mächtigen dieser Welt führen, würden durch den Ausschluss diverser Länder den schönen Schein bei Sportveranstaltungen stören und letztlich die vermutlich wahre Dimension des weltweiten Doping-Problems offenbaren“, schrieb Prokop und fragte: „Schöpft das IOC deshalb im Fall Russlands die rechtlichen Möglichkeiten nicht aus?“
Prokop kritisiert zudem Bachs Argumentation, dass das russische NOK nicht zur Rechenschaft zu ziehen sei, da ihm laut McLaren-Bericht keine Verstrickung ins Doping-System nachzuweisen sei. Letztlich könne diese Frage schlicht offen bleiben. Denn nach Regel 27 der IOC-Charta obliege es den NOKs, „den WorldAnti-Doping-Code anzunehmen und umzusetzen“, sagte Prokop. „Wenn nach dem McLaren-Bericht in Russland zwischen 2011 und 2015 mehr als 1000 Sportler sportartübergreifend gedopt haben und systematisch wie zentralisiert der DopingkontrollProzess manipuliert wurde, hat das russische NOK offensichtlich seine Aufgabe nach der IOC-Charta nicht erfüllt.“