Neues ÖPNV-Konzept auf Weg gebracht
Landkreis passt Nahverkehr an „Lebenswirklichkeit“an – Ab 2019 sollen Rufbusse fahren
TUTTLINGEN - Die Neugestaltung des Nahverkehrsplans im Landkreis Tuttlingen ist auf der Zielgeraden angekommen. Im Ausschuss für Technik und Umwelt wurde in der Sitzung am Mittwoch die Planung, die ab Dezember 2019 umgesetzt werden soll, einstimmig an den Kreistag empfohlen. Landrat Stefan Bär sprach von einer „Mammutaufgabe“. Im September 2013 waren die Beratungen begonnen worden.
Im Landkreis gab es bisher ein Überangebot beim ÖPNV
Das neue Konzept wird an die „Lebenswirklichkeit“angepasst. Eine Fahrgastzählung im Frühjahr 2015 hatte ergeben, dass es beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Landkreis ein „Überangebot“gegeben habe, meinte Michael Guse, Dezernent für Wirtschaft, Kreisentwicklung und Kultur. Die Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln wären von den Bürgern „nicht so nachgefragt“worden. „Wir hatten viele Leerfahrten. Zwei Drittel der Fahrten wären auch mit einem Kleinbus möglich gewesen“, erläuterte der Dezernent.
Deshalb schwenkt der Landkreis um. Werktags wird der ÖPNV von 5 bis 23 Uhr angeboten. Der Linienbusverkehr endet aber bereits um 21 Uhr. Danach wird ein flexibles RufbusAngebot eingeführt, das aber um 23 Uhr endet. Danach kann kein Bus mehr geordert werden. Am Freitag und Samstag wird der ÖPNV von 6 bis 24 Uhr Menschen befördern. Wieder um 21 Uhr setzt die flexible Variante mit dem Rufbus ein. Das Angebot wird an Sonn- und Feiertagen nur bis 21 Uhr aufrecht erhalten. Auf Nebenstrecken verkehrt ganztägig nur der Rufbus. „Bisher war der ÖPNV angebotsorientiert. Wir haben uns stetig um mehr Fahrgäste bemüht. Bald wird es nachfrageorientiert sein“, sagte Guse. Damit sollen Kosten gesenkt werden.
Nächste Ausschreibung wird um 700 000 Euro teurer
Der Grund für die Änderung ist nämlich, dass der Landkreis für die nächste Ausschreibung eine Kostensteigerung von 8,9 Millionen auf 9,6 Millionen Euro ermittelt hat. Dies, so stellte Landrat Bär klar, wären Erwartungswerte. „Es können bei der Ausschreibung in eineinhalb Jahren ganz andere Werte stehen. Aber wir haben auch noch Platz in der Ausschreibung.“Die Kosten von 700 000 Euro ließen sich laut Verwaltung nicht durch die Preissteigerung ausgleichen. Dann hätten alle Fahrkartenarten um 14 Prozent verteuert werden müssen. Auch der Eigenteil bei der Schülerbeförderung wäre betroffen gewesen. Bisher, so Bär, sei man günstig unterwegs gewesen. „Wir haben von der alten Ausschreibung profitiert und hatten verkehrlich ein gutes Angebot.“
Linie Obernheim nach Wegheim soll geschlossen werden
Durch die Umstrukturierung des ÖPNV-Angebots können 360 000 Euro an Kosten eingespart werden. Sollte die Linie von Obernheim nach Wehingen, die auf geringe Nachfrage stößt, wieder eingestellt werden, ergäbe sich ein Einsparpotenzial von weiteren 40 000 Euro. Der Schnellbus zwischen Tuttlingen und Stockach soll mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 um zwei Fahrtenpaare reduziert werden. Dies würde 55 000 Euro einsparen. Insgesamt würde die Optimierung der kreisüberschreitenden Linie 115 000 Euro weniger kosten
Der Einsatz von Ruftaxis anstelle der Rufbusse, um weitere Kosten zu sparen, sei in der heutigen Struktur nicht umsetzbar, sagte Bär. Die Taxiunternehmen im Kreis wären nicht mit ausreichenden Ressourcen und Kapazitäten ausgestattet, meinte der Landrat. „Wir werden mit einem Bus starten.“Schließlich müsse in den späten Abendstunden die flächendeckende Versorgung mit dem zu rufenden Fahrzeug gewährleistet sein.
Aus den Fraktionen bekam der Vorschlag der Verwaltung breite Zustimmung. „Den Standard halten und einsparen – das ist nicht möglich“, meinte Gerhard Minder (CDU). Er ergänzte aber, dass die Preise trotzdem moderat erhöht werden sollten. Zudem sei er froh, dass einige Linien geschlossen, andere aber erhalten würden.
Thomas Leibinger von den Freien Wählern lobte das konstruktive Miteinander zwischen Ausschuss und Verwaltung, was zu diesem Ergebnis geführt habe. „Wir werden dem Konzept zustimmen. Der Weg ist sehr gut gegangen worden. Jeder kann sich im Ergebnis ein Stück wiederfinden.“
Auch Susanne Reinhardt-Klotz (OGL) lobte das Konzept. „Das ist zustimmungswürdig. Ich finde es wert, dass der Landkreis auch mehr für den ÖPNV zahlt.“