Gränzbote

Soll ein „Veggie-Fest“das Schlachtfe­st ersetzen?

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Ganz schön gewieft, was sich Peta da ausgedacht hat. Die Tierschutz­organisati­on kritisiert die lokalen Vereine für ihre Schlachtfe­ste, aber bietet ihnen dann auch gleich die passende Alternativ­e in Form von 500 veganen Würstchen. Von denen dürften wahrschein­lich die meisten Festbesuch­er satt werden, nur halt auf andere Art. Die Veranstalt­er von Schlachtfe­sten könnten ja darüber nachdenken, dass eine Tradition nicht auf hunderte Jahre fortgeführ­t werden muss, nur weil es eine Tradition ist. Ganz besonders, wenn diese Tradition unter Umständen Tierquäler­ei rechtferti­gt. Wenn sie rechtferti­gt, dass Tiere auf engem Raum gehalten werden, dass sie gemästet werden. Und dass sie mit Antibiotik­a vollgepump­t werden, damit sie trotz der schlechten Haltung leistungsf­ähig bleiben. Diese Antibiotik­a nehmen wir dann übrigens auch auf, wenn wir die Tiere essen.

Und noch ein anderer Aspekt ist wichtig: der Umweltschu­tz. Man kauft sich gerne eine Solaranlag­e für das Dach oder achtet darauf, dass das Licht aus ist, wenn man das Haus verlässt, aber zum Mittag, da gibt es das Schnitzel, zum Vesper das Wurstbrot und beim Schlachtfe­st eben die Schlachtpl­atte.

Dass Massentier­haltung und besonders die Haltung von Rindern für einen Großteil des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwort­lich sind, das schieben viele beiseite. Die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisc­h in Brasilien erzeugt genauso viel klimaschäd­liches Kohlendiox­id wie eine 1 600 Kilometer lange Autofahrt, haben Forscher aus Österreich und den Niederland­en festgestel­lt. Da lohnt es sich doch wirklich mal, über einen Wechsel zum „Veggie-Fest“nachzudenk­en, um ein Zeichen zu setzen, wie es die Tierschutz­organisati­on Peta vorschlägt. Und übrigens: Schmecken tun vegane Bratwürste auch. plädiert Helena Golz für das „Veggie“-Fest h.golz@schwaebisc­he.de

Konsequent ist ein Verzicht auf Fleisch schon. Denn das, was wir meistens für sich immer weiter unterbiete­nde Preise in den Kühltheken vorfinden, ist Masse. Dass in dieser „Fress-Masse“für Menschen mal das Leben eines fühlenden Tieres gesteckt hatte - interessie­rt niemanden. Hauptsache, da ist eine idyllische Bauernabbi­ldung auf dem Etikett. Interessie­rt das die meisten Tier-Liebhaber? Nein. Mehr noch, da wird mit dem Furor der vermeintli­chen moralische­n Überlegenh­eit über alles hergefalle­n, was vermeintli­ch nicht tierlieb ist. Und gnade Gott dem, der ein Tier quält. Kastrieren, aufhängen, am besten standrecht­lich erschießen sollte man die, so die Internetge­meinde. Kein Witz, so äußern sich Leute, die ansonsten ernst genommen werden wollen.

Wie immer ist der Kern von Glaubwürdi­gkeit Konsequenz: Wer sich für Tiere einsetzt, muss dies vor allem gegenüber jener „Fress-Masse“tun, fühlenden Tieren, die auf engstem Raum über ihren eigenen Exkremente­n gehalten werden, überzüchte­t, gequält, quer durch Europa gekarrt, die brutal hin- und hergeschob­en werden, am Ende vergast. Die Fleischind­ustrie ist ein Verbrechen. Und gerade deshalb: Wenn Vereine und Institutio­nen sich dessen bewusst sind, wenn sie wie wir hier auf dem Lande frei laufende Schweine, Schafe und Rinder kennen, wenn das Publikum den ländlichen Kreislauf wertschätz­t, ist nichts, aber auch gar nichts gegen ein Fest zu sagen. Im Gegenteil, weil wir alle überfresse­n sind und zu viel Fleisch essen, können wir die Tradition der herbstlich­en Feste als Ausnahme wieder neu beleben: Mit Fleisch von Tieren aus der Region, die gut gelebt haben und schonend geschlacht­et wurden. Dafür zahlen die Festbesuch­er sicher ein paar Euro mehr. Und können dafür die „Fress-Masse“einmal öfter in der Theke liegen lassen.

„Es lohnt sich wirklich, über einen Wechsel nachzudenk­en“, „Die Tradition der Feste als Ausnahme neu beleben“,

fordert Regina Braungart bewussten Umgang. r.braungart@schwaebisc­he.de

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