Der Höhenflug hält an
Skispringer verteidigen nach Einzelmedaillen für Wellinger und Eisenbichler ihr Mixed-Gold – Vogt überragend
LAHTI (dpa/SID) - Die Bundestrainer Werner Schuster und Andreas Bauer umarmten sich nach der Demonstration deutscher Skisprung-Stärke, ihr überragendes Goldquartett klatschte sich herzlich ab: Souverän verteidigten Carina Vogt, Svenja Würth, Markus Eisenbichler und Andreas Wellinger den Weltmeister-Titel im MixedWettbewerb und sorgten damit für das vierte Gold der deutschen WMMannschaft – deren achte Medaille in Lahti. Damit hat das DSV-Team bereits bei Halbzeit der Titelkämpfe so viel Edelmetall wie 2015 am Ende der Weltmeisterschaften in Schweden.
Was am Sonntagabend auf der Normalschanze von Lahti passiert ist, war außergewöhnlich: Die vier deutschen Springer schafften bei allen acht Sprüngen jeweils die Bestweiten ihrer Gruppen. Am Ende hatte die Mannschaft sagenhafte 36,3 Punkte Vorsprung vor dem mit Silber dekorierten österreichischen Team um Einzelweltmeister Stefan Kraft. „Es war ein unglaublicher Abend“, sagte Frauentrainer Andreas Bauer. Sein Kollege Werner Schuster hatte nicht mit so einer Demonstration gerechnet: „Mir war klar, dass es sehr eng werden könnte. Aber alle vier haben eine Top-Leistung geboten.“
Carina Vogt krönte sich wie vor zwei Jahren in Falun zur Doppelweltmeisterin und hat nun vier WM-Titel und Olympiagold gewonnen. „Es ist cool, dass ich das so runtergebracht habe“, sagte die Degenfelderin und bekam höchstes Lob von Schuster: „Ich bin total beeindruckt von ihr. Ich habe schon einige Wettkämpfe von ihr gesehen, aber dieser war der beste, einfach weltmeisterlich.“
Mit ihren Flügen schaffte die 25-Jährige die Grundlage für den (fortan nie in Gefahr geratenen) Erfolg. Und die anderen zogen nach. Svenja Würths weite Flüge gaben auch den Männern Motivation. Als Wellinger als letzter Springer auf dem Balken saß, feierten die anderen bereits. „Für Andi ist es ein gutes Training für die Großschanze“, sagte Schuster. „Auch da (im Teamspringen der Männer; d. Red.) muss er Verantwortung tragen.“
Allein Stefan Kraft ist zu stark
Ohne den wegen eines Kreuzbandrisses fehlenden Frontmann Severin Freund hatten Wellinger und Eisenbichler den deutschen Skispringern bereits am Samstag auf der Normalschanze das erste Doppel-Podium seit 1999 beschert. Damals hatten Martin Schmitt und Sven Hannawald auf der Großschanze Gold und Silber geholt. „Ich freue mich riesig. Die Jungs haben das super gemacht. Das ist ein fantastischer Tag und eine Riesengeschichte, hier mit zwei Medaillen rauszugehen“, sagte Werner Schuster. „Man hat gesehen: Das deutsche Skispringen funktioniert.“
Andreas Wellingers Leistung überraschte niemanden mehr, hatte der Team-Olympiasieger seit Mitte Januar doch achtmal auf dem Weltcup-Podium gestanden. Zum ersten deutschen WM-Titel auf dem kleinen Bakken seit 1989, als Jens Weißflog an gleicher Stätte triumphierte, fehlten dem 21-Jährigen nur 2,1 Punkte. Aufrichtig gratulierte er Stefan Kraft („Ich habe ihm das Leben noch schwer gemacht, aber er war heute einfach der Beste, Respekt!“), dann freute er sich nur noch an seiner Leistung: „Das ist hammergeil“, sagte Wellinger nach Sprüngen auf 96,5 und 100 Meter über sein erstes WM-Edelmetall. „Die Medaille bekommt einen besonderen Platz.“
Ähnlich war die Stimmungslage bei Markus Eisenbichler, der in seiner Karriere zuvor erst einmal auf dem Podium gestanden hatte. „Es ist schon extrem: Mein zweiter Podestplatz überhaupt ist gleich eine WM-Medaille“, so der 25-Jährige. Nach seinem ersten Versuch auf 95 Meter hatte er sich als Halbzeitsechster kaum noch Chancen auf Edelmetall ausgerechnet. „Ich hatte schon mit dem Wettbewerb abgeschlossen“, berichtete Eisenbichler. Doch dann flog er auf die Tagesbestweite von 100,5 Metern – und noch an drei Rivalen vorbei. „Dieser Erfolg“, sagte der Bayer. „bedeutet mir extrem viel.“Ein Satz, den er 24 Stunden später hätte wiederholen können. Da aber lobte auch er zuerst die doppelte Doppelweltmeisterin – bajuwarisch-rustikal und herzlich: „Carina ist eine wilde Sau, bei Großereignissen schlägt sie immer zu.“