Gränzbote

SPD will Auskunft über rechte Umtriebe in Gefängniss­en

Auslöser sind Vorwürfe gegen Vollzugsan­stalten in Ravensburg und Schwäbisch Hall

- Von Katja Korf

STUTTGART - Die SPD verlangt vom Justizmini­sterium Auskunft über mögliche rechtsextr­emistische Netzwerke in den Gefängniss­en des Landes. Anlass sind Vorwürfe gegen Mitarbeite­r der Justizvoll­zugsanstal­ten Ravensburg und Schwäbisch Hall, die in dieser Woche ein Zeuge im NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags erhoben hatte. „Das Justizmini­sterium muss ausschließ­en können, dass es hier einen blinden Fleck gibt“, sagte Boris Weirauch, Obmann der Sozialdemo­kraten im NSU-Ausschuss am Donnerstag der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Patrick W. war Anfang der 2000er-Jahre führendes Mitglied der rechtsextr­emen Gruppe Autonome Nationalis­ten Backnang im RemsMurr-Kreis. Er wurde wegen Körperverl­etzung verurteilt und saß seine Haftstrafe in Ravensburg und Schwäbisch Hall ab. W. hatte am Montag vor dem Ausschuss ausgesagt, der Verbindung­en des rechtsextr­emen Terrortrio­s des Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s (NSU) nach Baden-Württember­g untersucht. Justizmita­rbeiter hätten in Ravensburg CDs mit rechtsextr­emer Musik verteilt, so der heute 33-Jährige. Auch in Schwäbisch Hall hätten Vollzugsan­gestellte offen mit rechtsextr­emen Straftäter­n sympathisi­ert.

Der Ausschussc­hef Wolfgang Drexler (SPD) findet die Aussage von W. auch deshalb spannend, weil dieser explizit angab, dass die JVABeamten CDs nur an rechtsextr­eme Insassen verteilt hätten. „Das würde für eine gezielte Unterstütz­ung solcher rechten Netzwerke sprechen.“

Das Justizmini­sterium hat angekündig­t, eine Prüfung einzuleite­n. Doch dies geht der SPD nicht weit genug. „Wir möchten die Aufklärung der Vorgänge in Ravensburg und Schwäbisch Hall zum Anlass nehmen, um zu prüfen, ob nennenswer­te rechtsextr­eme Strukturen zur Unterstütz­ung Gefangener in baden-württember­gischen Haftanstal­ten existieren“, sagte Weirauch. Deshalb hat seine Fraktion eine Anfrage an das Ministeriu­m von Guido Wolf (CDU) gerichtet. Darin wollen die Parlamenta­rier unter anderem wissen, wie viele Straftaten mit rechtsmoti­viertem Hintergrun­d in den JVAs seit 2003 verzeichne­t wurden. Außerdem verlangen die SPDler Auskunft darüber, wie Wolfs Ministeriu­m rechte Umtriebe in den Anstalten bekämpft. „Wir können es uns gerade jetzt nicht leisten, dass sich Gefangene in Gefängniss­en radikalisi­eren – seien es Islamisten, Rechtsextr­eme oder andere politisch motivierte Straftäter“, erklärt Weirauch.

Hilfe für Straftäter

W. hatte in seiner Zeit in Haft Kontakt zur Hilfsorgan­isation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG). Der Verein unterstütz­te rechtsextr­eme Straftäter. So führten sie nach Einschätzu­ng des Landesamte­s für Verfassung­sschutz die Gefangenen während der Zeit hinter Gittern an die Szene heran. Laut Bundesverw­altungsger­ichts war die karitative Tätigkeit für Häftlinge ein Deckmantel für den rund 600 Mitglieder starken Verein, der 2011 wegen seiner extremisti­schen Umtriebe verboten wurde.

Auch der mutmaßlich­e NSU-Terrorist Uwe Mundlos war für die HNG aktiv. Deshalb will die SPD wissen, ob es nach Kenntnis der Behörden eine Nachfolgeo­rganisatio­n der HNG gibt, die deren Netzwerke in den Gefängniss­en weiter pflegt.

Das Ministeriu­m hat drei Wochen Zeit, auf den Antrag zu antworten.

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FOTO: DPA In der Schwäbisch Haller JVA sollen Vollzugsan­gestellte offen mit rechtsextr­emen Straftäter­n sympathisi­ert haben.

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