Eine Gemeinschaft für den Frieden
Wenn Europa kritisiert wird, dann werden häufig Klischees genutzt. Als ob genormte Traktorsitze, der Krümmungsgrad der Gurke oder Vorschriften für Glühbirnen den Geist von Europa ausmachten. Auch das für die Bürokratie stehende Synonym „Brüssel“charakterisiert die Europäische Union nicht. Genauso wenig die Luxusdebatte, ob die Sommerzeit Sinn oder Unsinn ist.
Wichtig sind der Euro, der Wegfall der Grenzkontrollen, aber auch das Erasmus-Programm, das seit Jahren vielen Studenten den Austausch und Erfahrungen in Partnerländern ermöglicht. Ohne europäische Zusammenarbeit wäre es nie zur deutschen Einheit gekommen. Das alles ist nur denk- und machbar durch den Frieden, der seit über 70 Jahren auf diesem Teil des Kontinents herrscht. Es gibt eine Zeitleiste, die in schwarzer Farbe die Kriege zwischen Völkern, die heute der EU angehören, bis 1945 anzeigt. Diese Leiste ist schwarz, es gibt nur ganz wenige weiße Perioden des Friedens. Seit 1945 dominiert die Farbe Weiß.
Die EU ist keine bloße Wirtschaftsgemeinschaft, kein reiner Zweckverbund, sie ist eine Friedensgemeinschaft. Gerade hier in Süddeutschland müsste die Erinnerung an Krieg und Vertreibung lebendig sein. Jahrhundertelang lieferten sich auf hiesigen Schlachtfeldern verschiedene Mächte ihre Kriege.
In diesem Jahr ist die „Pax Europaea“in akuter Gefahr. Rechte in Frankreich, Polen aber auch in Deutschland wollen zurück zum Nationalismus, der Europa so oft in seiner Geschichte ins Verderben geführt hat. Nicht nur die innereuropäischen Zwistigkeiten vor und nach dem Brexit gefährden das Modell des friedlichen Zusammenlebens. Die USA, jahrzehntelang Garant unserer Sicherheit, wollen ihr Engagement abbauen. Die Alternative zur EU wären viele kleine Nationalstaaten, die dann zwischen Trumps Vereinigten Staaten, Putins Russland und den immer mächtiger werdenden Chinesen zerrieben würden. Darum sind gerade jetzt wahre Europäer gefragt: Damit die Schicksalsgemeinschaft eine Friedensgemeinschaft bleibt.