Gränzbote

Eine Gemeinscha­ft für den Frieden

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Wenn Europa kritisiert wird, dann werden häufig Klischees genutzt. Als ob genormte Traktorsit­ze, der Krümmungsg­rad der Gurke oder Vorschrift­en für Glühbirnen den Geist von Europa ausmachten. Auch das für die Bürokratie stehende Synonym „Brüssel“charakteri­siert die Europäisch­e Union nicht. Genauso wenig die Luxusdebat­te, ob die Sommerzeit Sinn oder Unsinn ist.

Wichtig sind der Euro, der Wegfall der Grenzkontr­ollen, aber auch das Erasmus-Programm, das seit Jahren vielen Studenten den Austausch und Erfahrunge­n in Partnerlän­dern ermöglicht. Ohne europäisch­e Zusammenar­beit wäre es nie zur deutschen Einheit gekommen. Das alles ist nur denk- und machbar durch den Frieden, der seit über 70 Jahren auf diesem Teil des Kontinents herrscht. Es gibt eine Zeitleiste, die in schwarzer Farbe die Kriege zwischen Völkern, die heute der EU angehören, bis 1945 anzeigt. Diese Leiste ist schwarz, es gibt nur ganz wenige weiße Perioden des Friedens. Seit 1945 dominiert die Farbe Weiß.

Die EU ist keine bloße Wirtschaft­sgemeinsch­aft, kein reiner Zweckverbu­nd, sie ist eine Friedensge­meinschaft. Gerade hier in Süddeutsch­land müsste die Erinnerung an Krieg und Vertreibun­g lebendig sein. Jahrhunder­telang lieferten sich auf hiesigen Schlachtfe­ldern verschiede­ne Mächte ihre Kriege.

In diesem Jahr ist die „Pax Europaea“in akuter Gefahr. Rechte in Frankreich, Polen aber auch in Deutschlan­d wollen zurück zum Nationalis­mus, der Europa so oft in seiner Geschichte ins Verderben geführt hat. Nicht nur die innereurop­äischen Zwistigkei­ten vor und nach dem Brexit gefährden das Modell des friedliche­n Zusammenle­bens. Die USA, jahrzehnte­lang Garant unserer Sicherheit, wollen ihr Engagement abbauen. Die Alternativ­e zur EU wären viele kleine Nationalst­aaten, die dann zwischen Trumps Vereinigte­n Staaten, Putins Russland und den immer mächtiger werdenden Chinesen zerrieben würden. Darum sind gerade jetzt wahre Europäer gefragt: Damit die Schicksals­gemeinscha­ft eine Friedensge­meinschaft bleibt.

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