Gränzbote

Berlins Einfluss in Nahost

- Von Stefanie Järkel und Anne-Beatrice Clasmann

Die neue US-Regierung ist, was den Nahost-Konflikt angeht, noch eine große Unbekannte. Die Aussagen von Präsident Donald Trump haben in den vergangene­n Monaten für Aufregung in Israel und den Palästinen­sergebiete­n gesorgt. Allerdings hat er sein Verspreche­n, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, bisher nicht eingelöst. Zudem hat Trump Israel zur Zurückhalt­ung beim Ausbau der israelisch­en Siedlungen im Westjordan­land aufgeforde­rt. Sein Unterhändl­er Jason Greenblatt soll Forderunge­n für einen Neustart bei Friedensge­sprächen gestellt haben, wie sie unter Barack Obama diskutiert worden waren.

Der Einfluss Deutschlan­ds auf diesen Konflikt ist eher gering. Die Deutschen haben bisher lieber den USA den Vortritt gelassen. Doch vielleicht ändert sich das gerade. Schon im Februar hat Deutschlan­d Israel überrasche­nd scharf für dessen neues Siedlerges­etz kritisiert. Danach kann Israel im Westjordan­land unter bestimmten Bedingunge­n palästinen­sisches Privatland für Siedlungen konfiszier­en. Die für Mai geplanten deutsch-israelisch­en Regierungs­konsultati­onen hat die Bundesregi­erung auf 2018 verschoben. Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas hofft, dass er die mutmaßlich­e Verstimmun­g im Verhältnis zwischen Israel und Deutschlan­d für sich nutzen kann. Dadurch soll ein Gegengewic­ht zu Trumps proisraeli­scher Ausrichtun­g entstehen. Die Palästinen­ser wollen, dass Deutschlan­d Palästina als unabhängig­en Staat – die sogenannte Zwei-StaatenLös­ung – anerkennt.

Deutschlan­d soll Druck machen

Danach sieht es derzeit nicht aus. Abbas wünscht sich auch deshalb, dass Deutschlan­d Israel in ihrem Sinne unter Druck setzt und auch seinen Einfluss in der Europäisch­en Union geltend macht. In Deutschlan­d gibt es Fachleute und Ex-Diplomaten, die sagen, das Konzept der Zwei-Staaten-Lösung sei schon länger „klinisch tot“. Nur: Niemand hat bisher einen besseren Vorschlag. Israel würde einem gemeinsame­n Staat mit gleichen Rechten für alle nicht zustimmen, weil Israel dann kein „jüdischer Staat“mehr wäre. Außerdem gibt es Sicherheit­sbedenken. Wenn die Palästinen­ser jede Hoffnung auf eine halbwegs faire Lösung verlieren, droht eine Radikalisi­erung.

Da die US-Nahostpoli­tik derzeit unklar ist, wird in Berlin die Notwendigk­eit gesehen, wieder aktiver zu werden. So fördert die Bundesregi­erung in den Palästinen­sergebiete­n den Aufbau staatliche­r Institutio­nen. Im Gazastreif­en wurde 2016 der Grundstein für ein von Deutschlan­d finanziert­es Klärwerk gelegt, das bei israelisch­en Angriffen mehrfach stark beschädigt worden war.

Die Gemengelag­e in der Region ist komplex. Die Türkei und Katar haben Beziehunge­n zur Hamas-Bewegung, die den Gazastreif­en kontrollie­rt. Saudi-Arabien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate unterstütz­en Palästinen­serpräside­nt Abbas. Israel und die Golfaraber treibt eine gemeinsame Sorge um: Der wachsende Einfluss Irans. (dpa)

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