Bahnhof-Areal: Planungen starten bald
Investor soll möglichst früh mit ins Boot - Gespräch mit Wirtschaftsförderer Simon Gröger
TUTTLINGEN - Seit Anfang September vergangenen Jahres ist Simon Gröger als Wirtschaftsförderer bei der Stadt Tuttlingen im Amt. Redakteurin Ingeborg Wagner fragte ihn nach einer ersten Bilanz und den Projekten, die anstehen.
Herr Gröger: Wie haben Sie die ersten Monate in Tuttlingen erlebt?
Sehr positiv. Die Stadt strahlt eine große Wirtschaftskraft aus und hat eine sehr beeindruckende Zahl an Unternehmen im Medizintechnikund Hochtechnologie-Cluster. Ich bin hoch motiviert, die Stadtentwicklung im Rahmen meiner Möglichkeiten voranzutreiben.
Welches sind Ihre Möglichkeiten? Welche Stellschrauben können Sie drehen?
Ganz konkret kann ich bei der Akquise von Fördermitteln tätig werden. Ich bin auch für Stadterneuerung zuständig und arbeite eng mit dem Citymanagement zusammen. Gerade kümmere ich mich um die Inanspruchnahme von Fördergeldern für die Realisierung des UnionAreals aus dem Bund-Land-Programm „Soziale Stadt“. Allerdings ist die Höhe der Fördergelder noch nicht zu beziffern, das hängt auch von den Verträgen ab, die noch ausgearbeitet werden. Zudem stehe ich in engem Kontakt mit der Hochschule mit Blick auf einen Ausbau des Campus. Des Weiteren mache ich aktiv Vertreter der Biotechnologie- branche auf Tuttlingen aufmerksam mache.
Wo sehen Sie Tuttlingen gut aufgestellt? Und wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf?
Tuttlingen strahlt ein hohes Maß an Wirtschaftskraft aus. Zudem zeichnet sich die Stadt durch seine attraktive Lage, dem Hochtechnologiecluster und der hohen Lebensqualität aus. Ich sehe bei Innovation und Dynamik eine positive Perspektive und durch das einzigartige Cluster die Option, wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben. Handlungsbedarf sehe ich in der Fachkräftegewinnung, außerdem im Ausbau des Hochschulcampus Tuttlingen mit Schwerpunkt Forschung und Verknüpfung mit hiesigen Unternehmen. Und vor allem in der Bereitstellung von qualitativer Gewerbe- und Wohnbaufläche.
Stichwort Gewerbefläche: Wie stark ist denn die Nachfrage?
In dem halben Jahr, seit ich hier bin, ist die Nachfrage nach Gewerbeflächen in Tuttlingen sehr groß. Pro Monat erreichen mich mehrere Anfragen in unterschiedlicher Größenordnung. Verfügbar sind aber momentan nur noch sechs Grundstücke in städtischem Besitz. Mit Ausnahme des Gebietes take-off können wir oft keine adäquaten Flächen anbieten.
Das heißt, Sie würden die Erweiterung des Gewerbegebietes Gäns- äcker lieber heute als morgen unter Dach und Fach wissen?
Tatsächlich sehe ich Gänsäcker als sehr wichtig an, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wie ist der Stand bei Gänsäcker?
Momentan und in den kommenden Wochen stehen Gespräche mit den Grundstückseigentümern an. Die Stadt beabsichtigt, eine amtliche Umlegung durchzuführen, in die die betroffenen Grundstücke eingebracht werden. Das heißt, dass für den gutachterlichen Wert der Grundstücke entweder eine Ersatzfläche angeboten wird oder ein Wertausgleich in Geldform geleistet wird. Unser Ziel ist ein Ankauf der Flächen, um ab 2019 den Firmen und Unternehmen verfügbares Bauland anbieten zu können. So ist der Plan.
Lassen sich Firmen, die in Tuttlingen erweitern oder neu bauen wollen, bis dahin vertrösten?
Nicht alle, manche prüfen auch alternative Varianten. Ich als Wirtschaftsförderer versuche natürlich auch, Alternativen anzubieten oder andere baulichen Möglichkeiten in Tuttlingen aufzuzeigen, so dass kein Unternehmen abwandert.
Wo sehen Sie sonst noch geographisch Handlungsbedarf?
Im Bahnhofsareal. Das wollen wir, in Zusammenarbeit mit Aesculap, umfassend gestalten. Die Planungen starten noch in diesem Jahr, in einem zweiten Schritt steht die Suche nach einem Investor an, der in die Entwicklung des Areals eingebunden werden soll. Ziel ist es, in ein bis zwei Jahren ein Ergebnis zu haben. Der Bahnhofsbereich soll städtebaulich aufgewertet werden und dadurch einen weiteren Investitionsanreiz für Tuttlingen darstellen. Ein Schwerpunkt soll E-Mobilität sein, zum Beispiel mit Flächen für induktive Aufladung von E-Fahrzeugen. Unter anderem sind Büroflächen geplant. Bedenken müssen wir auch, dass das Bahnhofsgebäude denkmalgeschützt ist. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das J.F. Storz-Areal, an dem sich eine große, innerörtliche Entwicklungsfläche bietet. Der Fokus hier liegt auf Wohnen.
Thema Innenstadt: Wie bewerten Sie das Thema Leerstände?
Aus meiner Sicht sollten Leerstände grundsätzlich ernst genommen werden. Ich beobachte aber in Tuttlingen eine erhöhte Nachfrage nach innenstadtnahen Büroräumen, und auch die Ansiedlung von Depot, Hunkemöller und Vaude in letzter Zeit sehe ich als positiv an. Die Sanierung der Fußgängerzone wird gute Effekte für die Innenstadt bringen, zusammen mit dem Ansatz, Eigentümer und Verpächter von Ladenflächen gezielt anzusprechen, sehe ich uns da gut aufgestellt. Zudem gibt es eine kostenlose Immobilienbörse auf der städtischen Homepage.
An Handyläden und Döner-Buden hat Tuttlingen keinen Mangel. Wie schafft man es dagegen, hochwertigeren Handel nach Tuttlingen zu bekommen?
Ich sehe Handyläden nicht grundsätzlich als negativ für Tuttlingen an, aber auch hier gilt: Ein gesundes Maß ist entscheidend. Zusammen mit den Nachfragen nach Einzelhandelsflächen, die bei uns aufschlagen, sehe ich eine positive Entwicklung. Die wird mit dem Union-Areal fortgesetzt. Dort wollen wir attraktive Flächen für den Handel schaffen.
In der Königstraße sind geballt Cafés zu finden. Ist das eine Stärkung der Innenstadt oder beobachten
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Sie das mit Skepsis?
Der Trend in Innenstädten allgemein geht zu Gastronomie. Auch, um den teilweise rückläufigen Einzelhandel zu substituieren. Ich sehe, dass die Cafés gut besucht und angenommen werden. Daher belebt und attraktiviert dieses Angebot die Stadt.