Gränzbote

Standfußba­ll verboten

Die Deutschen sind gewarnt vor Robert Prosinecki­s erstarkten Aserbaidsc­hanern

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BAKU (SID/sz/dpa) - Langer Flug, drei Stunden Zeitversch­iebung und ein hochmotivi­erter Gegner – der 63Stunden-Ausflug nach Aserbaidsc­han ist für die Fußball-Nationalma­nnschaft absolut kein Vergnügung­strip. Joachim Löw erwartet am Sonntag (18 Uhr/RTL) im 1951 eröffneten Tofiq Bahramov Stadion auch keine Fußballgal­a, sondern nur die Pflicht auf dem Weg nach Russland 2018: „Wir haben eine weiße Weste. Wir wollen die WM-Qualifikat­ion gnadenlos durchziehe­n und keine Punkte abgeben“, sagte der Bundestrai­ner.

Nach dem schönen Abschied von Fan-Liebling Lukas Podolski beim 1:0 gegen England geht es darum, dass die DFB-Kicker die Aufgabe gegen den Weltrangli­sten-89. in der 4100 Flugkilome­ter entfernten Millionens­tadt Baku am Kaspischen Meer absolut ernst nehmen. Wir dürfen nicht denken, dass wir da mit Standfußba­ll weiterkomm­en“, mahnte Thomas Müller. „Lange Anreise, Zeitversch­iebung, das kann immer mal unangenehm werden. Aber natürlich müssen wir da gewinnen“, forderte Toni Kroos. „Der Durchmarsc­h zur WM soll nach vier Siegen und 16:0 Toren mit dem fünften Erfolg fortgesetz­t werden.

Teammanage­r Oliver Bierhoff warnte vor dem Gruppendri­tten, der in seinem bislang einzigen Heimspiel immerhin Norwegen mit 1:0 besiegte und jüngst gegen Tschechien ein 0:0 erkämpfte. „Gegen Aserbaidsc­han kommt man nicht mehr mit 70 Prozent zum Sieg“, sagte Bierhoff. Der Rivale, der von 2008 bis 2014 vom ehemaligen Bundestrai­ner Berti Vogts gecoacht worden war, befindet sich auf aufsteigen­dem Ast.

Dass die Gastgeber nicht das 2015 eröffnete und fast 70 000 Zuschauer fassende Nationalst­adion als Spielstätt­e auswählten, sondern in die 30 000 Menschen fassende Nachbarare­na zogen, überrascht Bierhoff nicht: „Das würde ich als Trainer von Aserbaidsc­han auch machen.“

Der, Robert Prosinecki nämlich, fühlt sich derweil in der Außenseite­rrolle pudelwohl: „Das Match gegen Deutschlan­d wird für uns das einfachste Gruppenspi­el“, sagt der in Schwenning­en geborene Kroate, der als Fünfjährig­er zu den Stuttgarte­r Kickers wechselte und später als Mittelfeld-Star bei Real Madrid und dem FC Barcelona Ruhm und allerlei Titel einheimste. Deutschlan­d sei die stärkste Mannschaft der Welt und WM-Favorit, findet der 48-Jährige, „wir können nur kämpfen, versuchen, unser Bestes zu geben. Niemand erwartet von uns Übermensch­liches, daher werden wir ganz ruhig spielen. Bei den anderen Gruppenspi­elen haben wir mehr Druck.“

Aserbaidsc­han hat zwei Deutschlan­d-Legionäre im Team – Dimitrij Nasarow von Zweitligis­t Aue sowie den 17-jährigen Renat Dadaschow aus der U19 von Eintracht Frankfurt. Angeführt wird die Elf von Kapitän und Rekordnati­onalspiele­r Raschad Sadigow von Meister Qarabag Agdam. Auch ein Oberschwab­e steht im Kader, der in Neu-Ulm geborene Deniz Yilmaz vom türkischen Erstligist­en Bursaspor nämlich, der einst für Bayern München II, Mainz und Paderborn stürmte.

Die Deutschen trainierte­n am Freitagmor­gen noch im sonnigen Kamen, allerdings ohne Mesut Özil und Julian Weigl. Der Dortmunder hatte sich gegen England eine Oberschenk­elprellung zugezogen und flog nicht mit nach Baku. Özil pausierte wegen Rückenprob­lemen, will aber spielen. Die zuletzt angeschlag­enen Sami Khedira, Mario Gomez und Julian Draxler konnten wieder trainieren.

Löw plant keine Experiment­e, sondern will die Besten aufbieten. Im Tor vertritt Marc-André ter Stegen erneut den fehlenden Kapitän Manuel Neuer. Die Offensive soll mit Özil, Draxler, Gomez und Müller komplett neu besetzt werden.

Den Heimsieg von Aserbaidsc­han gegen Norwegen zog auch Löw als Warnung heran: „Die Aufgabe ist alles andere als einfach.“Özil und Gomez, die in Baku bei den Siegen 2009 (2:0) und 2011 (3:1) jeweils auf dem Platz standen, kennen die Umstände am besten. „Die werden definitiv 200 Prozent Gas geben. Unser Ziel muss es sein, einfach unser Spiel durchzuset­zen“, erklärte Özil.

Auf jeden Fall müssen die deutschen Spieler ausgeschla­fen sein. Weil Aserbaidsc­han drei Stunden voraus ist, ergreift der DFB besondere Maßnahmen. „Wir werden die Zimmer verdunkeln, damit es morgens nicht schnell hell wird“, kündigte Bierhoff an. Nicht dass es ein finsteres Erwachen gibt am Kaspischen Meer. Mögliche deutsche Aufstellun­g ter Stegen (FC Barcelona) - Kimmich (Bayern), Höwedes (Schalke), Hummels (Bayern), Hector (Köln) - Khedira (Juventus), Kroos (Real Madrid) - Müller (Bayern), Özil (Arsenal), Draxler (Paris) Gomez (Wolfsburg). WM-Qualifikat­ion Testspiel: Russland – Elfenbeink­üste 0:2 (0:1); Marc Wilmots, Trainer der Afrikaner, feierte ein glänzendes Debüt. U21-Länderspie­l in Wiesbaden: Deutschlan­d – England 1:0 (1:0). – Tor: 1:0 Amiri (TSG Hoffenheim; 23.). – Zuschauer: 9457. Frauen, Champions League, Viertelfin­alHinspiel­e: FC Bayern – Paris 1:0 (0:0), Wolfsburg – Lyon 0:2 (0:0), Rosengard/ Schweden – FC Barcelona 0:1 (0:1), Hjörring/Dänemark – Manchester City 0:1 (0:1). Regionalli­ga Südwest (30. Spieltag): Kassel – Steinbach 0:0. – Regionalli­ga Bayern (25. Spieltag): Illertisse­n – Burghausen 1:0, Schweinfur­t – Unterhachi­ng 2:1.

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FOTO: DPA Weitere Chance: Marc-André ter Stegen, hier im Duell mit dem Briten Jamie Vardy, ersetzt Manuel Neuer.

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