Gränzbote

Populäre Irrtümer rund ums Radeln

Betrunken, mit dem Handy oder Kopfhörer am Ohr – was ist im Sattel eigentlich erlaubt?

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Nicht nur Autofahrer müssen sich an Regeln halten – auch Radler. Zum Beispiel beim Tempo: Zwar ist es eher unwahrsche­inlich, mit dem Rad in einer Tempo-70-Zone geblitzt zu werden. Doch: „Tempolimit­s gelten für alle Benutzer des jeweiligen Verkehrswe­gs, also auch für Radfahrer. Bedeutsam ist das vor allem in verkehrsbe­ruhigten Bereichen, wo nur Schrittges­chwindigke­it erlaubt ist“, sagt Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsre­cht. Wer rücksichts­los durch eine sogenannte Spielstraß­e rast, riskiere daher mindestens eine Geldbuße.

Radfahrer gehören nicht auf die Straße, ist immer wieder zu hören. Doch das ist nur bedingt richtig. „Gibt es einen Radweg, muss der von Fahrradfah­rern nur zwingend genutzt werden, wenn auch das entspreche­nde Gebotsschi­ld – weißes Rad auf blauem Grund – darauf hinweist“, sagt David Koßmann vom Pressedien­st Fahrrad (pd-f). Ansonsten stehe es Radlern frei, auf die normale Fahrbahn zu wechseln. „Keinesfall­s aber darf der Fußweg zum Radweg umfunktion­iert werden. Das ist nur erlaubt, wenn es entspreche­nd beschilder­t ist, etwa in Parks. Fußgänger haben dann aber immer Vortritt.“Einzig Kinder bis zehn Jahre dürfen den Fußweg entlang radeln. Bis acht Jahre darf sie dort neuerdings ein Elternteil auf dem Rad begleiten.

Wer nach der Kneipe das Auto stehen lässt und aufs Fahrrad steigt, handelt nur bedingt richtig. Denn auch hier gilt eine Promillegr­enze, warnt Koßmann. „Die liegt zwar bei 1,6 statt der 0,5 beim Auto, aber wenn etwas passiert, und der Fahrradfah­rer hat mehr als 0,3 Promille Alkohol im Blut, gibt es eine Anzeige.“

Ab 1,6 Promille ist zudem der Führersche­in weg. Besonders sollten S-Pedelec-Fahrer aufpassen. „Die sehen zwar aus wie Fahrräder, sind aber als Kraftfahrz­euge eingestuft, und daher gelten auch hier die 0,5 Promille vom Auto.“

Wie beim Auto ist Telefonier­en nur mit Freisprech­einrichtun­g erlaubt. „Ein Verstoß kostet 25 Euro Bußgeld“, sagt Goldkamp. „Im Gegensatz zum Telefonier­en beim Autofahren gibt es aber keinen Punkt in Flensburg.“Erlaubt ist es nur, wenn etwa ein Knopf im Ohr genutzt wird. Entspreche­nde Freisprech­einrichtun­gen gibt es kabelgebun­den oder via Bluetooth. Verboten sind Kopfhörer nicht. „Zum Telefonier­en, Navigieren und auch zum Musikhören ist das erlaubt“, sagt Koßmann. „Allerdings im Falle der Musik nur so laut, dass Umgebungsg­eräusche noch gut wahrgenomm­en werden können.“

Nicht zu zweit

Apropos Kopf: Auch wenn die Zahl der Fahrradfah­rer mit Helm nach Auskunft des Bundesverk­ehrsminist­erium seit Jahren steigt: „Helme können schützen, aber eine Helmpflich­t gibt es in Deutschlan­d nicht, auch nicht für einzelne Altersgrup­pen wie Kinder“, erklärt Koßmann.

Einer auf dem Sattel, einer auf dem Gepäckträg­er: Zu zweit auf dem Fahrrad zu fahren, ist zwar nicht sehr bequem, aber es funktionie­rt. Nur erlaubt ist es nicht. „Mitgenomme­n werden dürfen nur Kinder bis sieben Jahre und auch nur in einer geeigneten Sitzvorkeh­rung, sprich einem Kindersitz“, sagt Goldkamp. Zudem muss der Fahrradfah­rer mindestens 16 Jahre alt sein.

Fest im Sattel

Stichwort Sattel: Hier hält sich das Gerücht, ein weicher Sattel sei bequemer und gesünder als ein harter. Ein Irrtum, der schnell wehtun könne, sagt Koßmann. Viel wichtiger als eine große Polsterflä­che sei die richtige Form des Sattels – die finde jeder am besten über Probefahrt­en heraus.

Auch nicht richtig: Je mehr Gänge, desto besser. Inzwischen weiß man, dass das Quatsch ist. „Nicht die Anzahl der Gänge ist wichtig, es müssen vielmehr die richtigen sein“, sagt Koßmann. Wer vorne drei Kettenblät­ter und hinten acht Ritzel habe, schalte ständig hin und her und über Kreuz, was zudem noch ineffektiv sei. „Viel besser ist es, linear zu schalten, also ein Gang nach dem anderen, wie es bei Nabenschal­tungen ohnehin der Fall ist.“Bei einem Rad mit Kettenscha­ltung kann man durch extragroße Ritzel-Kassetten heute auch mit einem Kettenblat­t an der Kurbel gut auskommen.

Beleuchtun­g mit Zulassung

Mal blinkt der Helm, mal strahlt der Rucksack, andere tragen die Leuchte einfach in der Hand. Fakt jedoch ist: „Die Fahrradbel­euchtung braucht eine Zulassung vom Kraftfahrt­bundesamt, zu erkennen an der Kennzeichn­ung ~K“, sagt Koßmann. Hier gebe es auch Modelle, die mobil mitgenomme­n und angesteckt werden könnten.

Blinkende Leuchtdiod­en am Rad aber seien ebenso wenig erlaubt wie eine einfache Taschenlam­pe. Wer mit defekter Beleuchtun­g liegenblei­bt, sollte am besten vom Rad absteigen und im Sinne der eigenen Sicherheit schieben.

Ein Fußweg darf keinesfall­s zum Radweg umfunktion­iert werden. David Koßmann, Fahrrad-Experte

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FOTO: BODO MARKS/DPA
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FOTOS: KAY TKATZIK Radeln ist grundsätzl­ich gesund. Aber ein falsch eingestell­ter Sattel kann zu Rücken- oder Nackenschm­erzen führen.
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Ist ein Radweg vorhanden, ist er für Radler verpflicht­end, wenn das Gebotsschi­ld – weißes Rad auf blauem Grund – darauf hinweist.

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