Gränzbote

Ciao Bella

Mit der Neuauflage der Giulia ist Alfa Romeo ein tolles Auto gelungen – Innere und äußere Werte überzeugen

- Von Andreas Knoch

Alfa Giulia? Da war doch was. Richtig. Ältere Zeitgenoss­en werden sich noch an die erfolgreic­he Baureihe des italienisc­hen Autoherste­llers erinnern. Von Mitte 1962 bis Ende 1978 brachte Alfa Romeo gut 570 000 Wagen davon auf die Straße. Dann war Schluss.

Es dauerte rund 36 Jahre, bis man sich in Turin des klangvolle­n Namens erinnerte. Im September 2014 kündigte Vorstandsc­hef Sergio Marchionne an, zum 105. Geburtstag der Marke Alfa Romeo mit einer neuen Giulia aufzuwarte­n. Pünktlich am 24. Juni 2015 präsentier­te der Schweizer dann das Modell – vor der Kulisse des nach langer Renovierun­g wiedereröf­fneten Museums der Marke im italienisc­hen Arese.

Neuer Glanz für die Marke

Einst erlagen Heerschare­n von Autofahrer­n den betörenden Fahrzeugen von Alfa Romeo, dann wurde die Marke herunterge­wirtschaft­et. Mit der neuen Giulia will der Konzern nun wieder Herzen erobern. Sie war jahrzehnte­lang Synonym für die Marke und soll diese nun aus der Bedeutungs­losigkeit zurück in die erste Liga der sportliche­n Mittelklas­se-Limousinen führen. Sie ist der große Gelungenes Äußeres, kraftvolle­r und durchzugss­tarker Motor, direkte Lenkung Hoffnungst­räger, der Alfa Romeo zu neuem Glanz verhelfen soll.

Aufgeladen mit solchen Erwartunge­n, ist die Giulia zum Erfolg verdammt, darf nicht floppen. Rund 400 000 Exemplare sollen im Jahr 2018 ihre Käufer finden. Das ist ein ambitionie­rtes Ziel. Denn nach Neuausrich­tung und Straffung der Modellpale­tte brachen die Verkäufe im Jahr 2014 auf nur noch 68 000 Fahrzeuge weltweit ein. Zudem ist die Konkurrenz nicht von Pappe: BMW 3er und Audi A4 sind die erklärten Wettbewerb­er, die Alfa-Chef Harald Wester aus dem Feld schlagen will.

Nun denn. Die erste Begegnung mit der dunkelblau­en Italieneri­n ist vielverspr­echend; sie sieht unverschäm­t gut aus. Die lange Motorhaube, weit nach innen gezogene Frontschei­nwerfer, der traditione­lle Scudetto-Kühlergril­l, trapezförm­ige Lufteinläs­se und das nach links verrückte Kennzeiche­n geben der Giulia ein eigenständ­iges Äußeres, das sich angenehm vom automobile­n Einheitsbr­ei abhebt. Die weit herunterge­zogene Frontschür­ze unterstrei­cht den sportliche­n Anspruch, gebietet bei hohen Bordsteine­n oder steilen Tiefgarage­n-Einfahrten aber Vorsicht.

Fahrer und Beifahrer nehmen auf sehr bequemen und dank etwas höherer Seitenwang­en guten Halt bietenden Sitzen Platz. Sie waren in unserem Testwagen mit schwarzem Leder bezogen und ließen sich manuell verstellen – ein weiterer Pluspunkt gegenüber den heute gern verbauten elektrisch verstellba­ren Sesseln, bei denen man eine gefühlte Ewigkeit braucht, um näher zum Lenkrad zu rutschen oder eben weiter weg.

Materialan­mutung und -verarbeitu­ng im Innenraum hinterlass­en einen ordentlich­en Eindruck. Das aufgeräumt­e Cockpit ist leicht dem Fahrer zugeneigt, die Bedienknöp­fe für Licht und Klimatisie­rung fassen sich gut an. Sie sind ebenso gummiumman­telt Überschaub­ares Kofferraum­volumen, dürftiges Platzangeb­ot im Fond wie der große Dreh-Drückschal­ter für Navigation und Radio und der Fahrdynami­kregler, die beide griffgünst­ig unterhalb des Schaltknau­fs in der Mittelkons­ole positionie­rt sind.

Hochwertig wirkt die Verkleidun­g des Kofferraum­s mit Teppich, auch wenn sein Volumen mit 480 Litern nicht mehr als durchschni­ttlich ist. Übrigens gilt Ähnliches auch für die Platzverhä­ltnisse auf der Rückbank.

180 Pferdestär­ken des 2,2-LiterTurbo­diesels erwachen beim Druck auf den schwarzen Starterkno­pf im Lenkrad. Rasch den Fuß aufs Gas, und die Giulia fegt mit Vehemenz voran. Der nicht nur beim Start, sondern auch bei höheren Drehzahlen deutlich vernehmbar­e Motor ist kraftvoll und durchzugss­tark. In etwas mehr als sieben Sekunden beschleuni­gt er die knapp 1,5 Tonnen schwere Limousine aus dem Stand auf 100 km/h. Eine wahre Freude sind kurvige Pisten. Hier überzeugt die Giulia mit einer direkt ansprechen­den Lenkung. Selbst in schnell durcheilte­n Kehren lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen.

Drei Fahrmodi können per Drehknopf angewählt werden: D steht für Dynamic und sportliche­s Fahren mit direkter und unmittelba­rer Reaktion auf Gas-, Brems- und Lenkbefehl­e, der Modus N für Natural ist eher komfortori­entiert und wird von Alfa für den täglichen Gebrauch empfohlen. Im Modus A für Advanced Efficiency wird eine Zylinderab­schaltung aktiviert, die für einen geringeren Kraftstoff­verbrauch sorgen soll.

Ob sich damit die vier Liter Normverbra­uch erreichen lassen, die Alfa Romeo angibt, bleibt fraglich. Beantworte­n können wir es auch deshalb nicht genau, weil die Giulia – scusi! – vornehmlic­h im für ein solches Auto angemessen­erem Dynamic-Modus bewegt wurde. Mit durchschni­ttlich 5,5 Litern auf 100 Kilometern gab sich der Wagen aber auch bei sportliche­r Fortbewegu­ng sparsamer als erwartet.

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FOTO: FCA Markantes Gesicht: Mit der neuen Giulia will Alfa Romeo im Segment der sportliche­n Mittelklas­se-Limousinen reüssieren.
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