Anfangs träge, zum Schluss „krawallig“
Liedermacher Simon und Jan locken zurückhaltendes Publikum in der Angerhalle aus der Reserve
TUTTLINGEN (clst) - Mit dem Lieder-Kabarett-Abend ist in der Angerhalle Möhringen der Saison-Abschluss gefeiert worden. Die Liedermacher Simon und Jan boten einen besonderen Abend, bei dem das begeisterte Publikum die beiden Singer und Songwriter letztendlich rund 30 Minuten lang nicht von der Bühne gehen ließen.
Die Euphorie kam allerdings erst so richtig nach der Pause auf. Zunächst nahm das Publikum den Auftritt der beiden Künstler erst einmal schweigend zur Kenntnis und klatschte verhalten. Anfangs war es nicht immer ganz einfach, den Texten zu folgen: Lag es an der Übertragung, an der Aussprache oder an der Schnelligkeit der vorgetragenen Passagen – für viele im Saal war der Inhalt nicht gut zu verstehen. Konzentration war hier angesagt.
Immer wieder versuchte Jan die ausgelassene Spontanität aus den anfangs trägen Gästen zu locken. „Schön, dass echt krawalliges Potential im Raum ist“, stellte Jan Traphan fest, als nach der Pause endlich Stimmung aufkam, „warum denn nicht von Anfang an gleich so?“
Simon Eickhoff und Jan Traphan überzeugten an diesem Abend mit toll nuancierten, fein komponierten und arrangierten Songs, die sie auf ihren Akustikgitarren meisterhaft, unterstützt durch eine Loopstation, die Hintergrundchöre in den Raum zauberte, leise, differenziert, ab und an rockig, vortrugen. Hektik kam dabei keine auf. Auch nicht bei der scheinbar zaghaft, etwas verschämt, und mit einer gewissen Scheu vorgetragenen Moderation von Jan, „Halleluja“. Entschleunigung war angesagt.
Aber der Schein trügte, denn trotz ihres engelsgleichen Gesangs konnten die beiden Liedermacher nicht über die oftmals bitterbösen, zynischen und hinterhältigen Texte hinwegtäuschen. So widmeten sie sich dem Alltäglichen – der Politik, der Kindheit, dem Alter, dem Glauben, Partnerschaften und vielem mehr schauten schonungslos dahinter, um dann scheinbar völlig unbedarft, mit gleichgültiger Unschuldsmiene, die Abgründe aufzutun. Dabei überraschten sie das Publikum pointiert und hintergründig immer wieder mit köstlichen Wendungen.
Und damit brachen sie auch den Bann der Zurückhaltung: Schlussendlich sang das Publikum bei Liedern, wie der Bearbeitung eines Songs von Deichkind, den Refrain „Leider geil“lautstark mit. Rief das in den Programmablauf spontan eingefügte, immer wiederkehrende „Halleluja“gemeinsam mit. Überrascht zeigten sich Simon und Jan vom Publikumschor, beim Abschlusslied „Halleluja“von Leonard Cohen, der feinfühlig und subtil mit einstieg – und gar nicht mehr aufhören wollte. Danach wollten die Rufe nach weiteren Zugaben gar nicht mehr enden.