Die Bahn will leiser werden
Auch in Baden-Württemberg wurden zahlreiche Strecken lärmsaniert
RAVENSBURG - Die Pläne der Deutschen Bahn, den Schienenverkehrslärm bis 2020 zu halbieren, klingen ambitioniert. Schließlich gilt es in den nächsten drei Jahren noch gut 2000 Kilometer als besonders laut eingestufte Strecken mit Schallschutzwänden oder anderen Maßnahmen lärmzusanieren und gleichzeitig noch 29 000 Güterwägen auf sogenannte Flüsterbremsen umzurüsten.
Dennoch wird die Bahn nicht müde zu betonen, welch hohen Stellenwert der Lärmschutz im Konzern hat: „Nur der leisen Bahn gehört die Zukunft“, erklärte Andreas Gehlhaar, Leiter Umwelt und Lärmschutzbeauftragter im DB-Konzern bei der Vorstellung des „Bericht des Lärmschutzbeauftragten“. In diesem werden die lärmmindernden Maßnahmen am Streckennetz wie auch an der Fahrzeugflotte bilanziert.
Darunter befinden sich zahlreiche Strecken in Baden-Württemberg, wie die Projektleiterin für Lärmsanierung Süd-West, Diplom-Ingenieurin Sabine Weiler erläutert. Lärmsanierungsschwerpunkte sind Strecken mit viel Güterverkehr. Das erklärt, weshalb kaum bereits bestehende Strecken im Verbreitungsgebiet der „Schwäbischen Zeitung“betroffen sind.
Ein Sanierungsschwerpunkt war und ist weiterhin die Rheintalstrecke, deren baden-württembergische Teil ab Mannheim beziehungsweise Laudenbach/Weinheim nach und nach lärmsaniert wird. Hinzu kommen Strecken zwischen Stuttgart und Ulm (ohne Stuttgart 21, da dies ein Neubauprojekt ist), von Plochingen bis Wendlingen, zwischen Stuttgart und Bietigheim sowie die westliche Strecke Sachsenheim bis Mühlacker. Hier laufen ebenfalls die Sanierungsmaßnahmen. In Planung bzw. Planungsfeststellung ist die Strecken von Besigheim bis Bad Friedrichshall; Schallgutachten werden noch für die Strecke von Bad Friedrichshall nach Würzburg (bis zur bayerischen Grenze), sowie von Mühlacker nach Karlsruhe und von Mühlacker nach Bruchsal erstellt.
In den vergangenen Jahren wurden laut Weiler von den 440 Kilometern als besonders laut geltenden Strecken in Baden-Württemberg bereits 266 Kilometer saniert. Darunter fällt unter anderem die Errichtung von Schallschutzmauern. Bis eine solche allerdings fertig steht, kann es dauern. Zwischen sechs und acht Jahren, schätzt die Diplom-Ingenieurin, dauert es von der Feststellung bis zur Einweihung – davon nimmt der Bau wenige Monate in Anspruch. Die restliche Zeit würden vor allem die Planung und die zahlreichen Planrechtsverfahren benötigen: Schließlich müssen Gemeinden, Behörden wie auch Anwohner über die Maßnahmen informiert werden beziehungsweise ihre Zustimmung geben.
Die drei Meter hohen Schallschutzwände erreichen dabei eine Pegelminderung von bis zu 15 Dezibel. Ein guter Wert, denn bereits „eine Reduzierung von zehn Dezibel wirkt wie die Halbierung des Höreindrucks“, erklärt Weiler. Heißt: Man empfindet ein Geräusch nur noch halb so laut.
Zu den weiteren Lärmschutzmaßnahmen gehören passive Sanierungen, wie der Einbau von Schallschutzfenstern, Schalldammlüftern oder schallgedämpften Rolllädenkästen. Laut der Projektleiterin wurden in Baden-Württemberg mittlerweile 7369 Wohnungen derart vor Schienenlärm geschützt.
Lärm um zehn Dezibel reduziert
Hinzu kommt die Umrüstung der Güterwägen mit Flüsterbremsen. Denn die wichtigste Quelle des Schienenlärms ist der Rad-Schiene-Kontakt. Dabei sind die Rollgeräusche von Güterwägen deshalb so laut, weil diese noch mit Bremsklötzen aus Grauguss, die auf die Lauffläche gedrückt werden, ihre Geschwindigkeit verlangsamen. Dadurch wird die Radlauffläche im Laufe der Zeit aufgeraut, was zu weiterem Lärm beim Rollen führt. Ohne Flüsterbremse, gummigepufferte Reifen und Radschallabsorber verursacht ein Güterwagen bei einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometer einen Lärmwert von 96 dB.
Um diese sogenannte Verriffelung zu verhindern, wurden neue Verbundstoffbremsen entwickelt, die eine Lärmreduzierung von rund zehn Dezibel erreichen. Laut der Bahn müssen dafür bundesweit 64 000 Wägen auf diese Flüsterbremsen umgerüstet werden, bei 35 000 Güterwägen sei dies bereits geschehen.