Ein Hauch magischer Realismus
Juventus-Star Gonzalo Higuaín ist ein Spieler, den es eigentlich nicht mehr geben dürfte
●Krach im Deutschen Tischtennis-Bund vor der WM in Düsseldorf. Der viermalige Olympia-Medaillengewinner
Dimitrij Ovtcharov
(Foto: dpa) ist sauer darüber, dass er bei der WM (29. Mai bis 5. Juni) kein Doppel spielen darf. „Nach allem, was ich für das Tischtennis in Deutschland schon geleistet habe, kann ich nicht verstehen, dass ich bei unserer Heim-WM keine zweite Medaillenchance bekomme und man mich nicht auch mit einem ausländischen Spitzenspieler antreten lässt“, sagte Deutschlands Nummer eins und Nr. 5 der Welt. „Das trifft mich sehr hart.“Bei WMTurnieren kann eine Nation in maximal drei Doppeln vertreten sein. Dass EM-Rekordsieger Timo Boll mit Chinas Weltranglistenerstem Ma Long spielt, sei „eine super Sache“, sagte der 28-Jährige, nur: „Bei einer HeimWM muss man versuchen, dass Timo und ich so oft und viel wie möglich zu sehen sind.“Ovtcharov hätte gern mit den Orenburger Klubkollegen Jun Mizutani (Japan) oder Wladimir Samsonow (Weißrussland) gespielt. Für den DTTB sollen neben Boll/Ma Patrick Franziska und sein dänischer Mit-Europameister Jonathan Groth spielen sowie ein noch unbekanntes rein deutsches Duo. (SID) HSV-Trainer
Markus Gisdol
(Foto: dpa) bekommt nach der Suspendierung von drei Profis Gegenwind. Der Coach des abstiegsbedrohten Bundesligisten sei „ein feiger Drecksack“, wird Nochi Hamasor, Berater des aus dem Hamburger Kader geflogenen schwedischen Ex-Nationalspielers Nabil Bahoui, in der Zeitung „Aftonbladet“zitiert: „Es scheint so, dass der Trainer persönliche Vorbehalte hat, die nichts mit Fußball zu tun haben.“Gisdol hatte Ex-Kapitän Johan Djourou, Bahoui und Ashton Götz suspendiert. Die Berater von Götz sagten: „Es gibt keinerlei Gründe, weder persönlich noch sportlich, ihn auf diese Weise zu diskreditieren und zu demütigen.“Gisdols Entscheidung sei „nicht hinnehmbar“. Der HSV spielt am Sonntag im Kellerduell gegen Mainz. (SID)
Die alte (Binsen?)-Weisheit, dass die Offensive vielleicht Spiele, die Defensive aber Titel gewinnt, ist natürlich noch immer oberstes Gesetz bei dieser Mannschaft. Juve ist schließlich immer noch Juve, auch nach diesem in allen Belangen bezaubernden 2:0 (1:0) beim AS Monaco im Halbfinalhinspiel der Champions League. Massimiliano Allegri, der Trainer des italienischen Rekordmeisters, lobte also zuerst die Abwehrleistung seiner Mannschaft, die in der Champions League seit 621 Minuten kein Gegentor und während der ganzen Kampagne auch erst zwei kassiert hat. Vor allem lobte er den ewigen Torwart Gigi Buffon, der in Monaco dreimal zur Stelle sein musste und seinem eigenen Denkmal vier weitere Marmorplatten hinzufügte. „Gigi ist der beste Torhüter der Welt, das hat er heute wieder bewiesen“, sagte Allegri.
Und es ist ja so: Wie die Juventini in Monaco verteidigten, mal mit drei Spielern auf einer Linie, dann mit vier, dann mit fünf, wie sie ihre Gegenspieler übergaben, wie sie die Mannschaftsteile verschoben – das war richtig große Verteidigungskunst. Sogar für Turiner Verhältnisse, wo den Patrons, Trainern und Fans ein zynisches 1:0 im Zweifel immer lieber war als ein 5:4 – viel zu nervenaufreibend, viel zu wild. In Fiat-City sind sie, was den Fußball angeht, schon immer Realisten: am wichtigsten sind Ergebnisse. Launenhaft dürfen höchstens die Autos sein, die sie bauen. Keine Frage, bei Juventus spielten immer schon auch Fußballkünstler, Michel Platini, Zinedine Zidane, Pavel Nedved, Roberto Baggio, Alessandro del Piero ... Doch deren Zaubereien sollten dem bedingungslosen Ergebnisfußball vor allem ein wenig Zynismus nehmen.
Diese Saison ist es etwas anders. Juves Spiele haben in dieser Saison oft auch etwas Unwirkliches, einen Hauch von magischem Realismus. Das hat viel zu tun mit dem teuersten Einkauf der Vereinsgeschichte. Als Paul Pogba im Sommer für die Rekordablöse von 105 Millionen Euro zu Manchester United wechselte, reinvestierte Turin einen beträchtlichen Teil in einen Spieler, den es eigentlich nicht mehr geben dürfte im ultraprofessionellen Fußball. Gonzalo Higuaín, Spitzname, „kleine Pfeife“, ist eher trainings- und lauffaul, der launenhafteste unter den Weltklassestürmern. 90 Millionen Euro überwies man nach Neapel für den Argentinier, der zwar gerade 36 Tore in 32 Ligaspielen erzielt hatte, aber nicht erst seit dem verlorenen Weltmeisterschaftsfinale gegen Deutschland den Ruf weg hatte, in großen Spielen den Torriecher zu verlieren. Als er schließlich auch noch mit einer veritablen Plautze unter dem bärtigen Gesicht in Turin vorstellig wurde, wurde es endgültig surreal.
Auch am Mittwoch in Monaco sah Higuaín eher wie ein wundersamerweise in ein Champions-LeagueHalbfinale geratener Freizeitkicker aus, der zunächst völlig geplättet schien von der Vielzahl an Torgelegenheiten, die ihm seine Kollegen da bereiteten. Er fiel hin, untersprang Weltklasseflanken, rannte in die falsche Richtung. Doch gerade, als man sich beim Zuschauen fragte, ob man sich selbst – vielleicht, vielleicht – auch nicht schlechter anstellen würde als diese bärtige Karikatur eines Weltklassestürmers, nahm Higuaín einen Hackenpass von Paulo Dybala an, leitete diesen ansatzlos zu Dani Alves weiter, und ehe man sich versah, war er über den halben Platz gesprintet, um Alves’ Hackenvorlage im Tor zu versenken. 1:0 in der 29. Minute. Nach einer weiteren magischen Kombination mit Dybala, Alves und Higuaín in den Hauptrollen stand es nach 59 Minuten 2:0. Die Messe war gelesen, nicht zum ersten Mal dank der drei südamerikanischen Juve-Magier vom Dienst: Higuaín, die unwiderstehlichste SturmPfeife der Welt; Paulo Dybala, der unentwegt über den Rasen tänzelnde argentinische Spielmacher, Spitzname „Kleines Juwel“; Dani Alves da Silva, genannt Dani Alves, spielmachender Außenspieler aus Brasilien, der während seiner Zeit beim FC Barcelona seinem an Krebs erkrankten Kameraden Éric Abidal einen Teil seiner Leber spenden wollte.
Und sollte die Magie im Rückspiel ausbleiben? Dann hätte Juve hinten immer noch die Leuchttürme in der Abwehr und Gigi Buffon mit seinen magnetischen Händen.