Gränzbote

Mediziner erhält „widersprüc­hliche Signale“aus Emmingen-Liptingen

Hausarzt Matthias Grabowski, der sich in Emmingen niederlass­en will, fühlt sich nicht willkommen

- Von Katja Mielcarek

EMMINGEN-LIPTINGEN – „Ich möchte letztlich das Gefühl haben, dass die Bevölkerun­g mich ernsthaft will und braucht“, sagt Matthias Grabowski, der sich gerne in Emmingen als Allgemeina­rzt niederlass­en möchte, im Gespräch mit unserer Zeitung. Allerdings habe er in der nichtöffen­tlichen Gemeindera­tssitzung im April, als er sich dem Gremium vorgestell­t hat, den deutlichen Eindruck gewonnen, dass er weder wirklich willkommen sei, noch tatsächlic­h gebraucht werde. Das habe ihm auch der Beschluss, nicht in eine eigene Praxis neben dem geplanten Ärztehaus zu investiere­n, unmissvers­tändlich gezeigt. Gleichzeit­ig bekomme er von verschiede­nen Seiten immer noch Signale, dass die Bevölkerun­g ihn wolle.

Noch ist Grabowski Teil einer Praxisgeme­inschaft in Stetten am kalten Markt. Die wird sich jedoch Ende des Jahres auflösen. In dieser Situation sei er aus Emmingen-Liptingen angesproch­en worden, ob er sich nicht in der Gemeinde ansiedeln wolle. Ein erstes Gespräch mit dem Bürgermeis­ter sei „atmosphäri­sch durchaus sehr angenehm“und vielverspr­echend gelaufen. Unter anderem sei die Rede von 100 000 Euro gewesen, die man Jürgen Kaufmann, dem aktuellen Arzt in Liptingen, für einen Praxis-Umbau in Aussicht gestellt habe und die man auch ihm zur Verfügung stellen könne.

Unerwartet­es finanziell­es Angebot

„Das hat mich völlig überrascht. An so einen Betrag hätte ich nie gedacht, geschweige denn, dass ich eine solche Summe je gefordert hätte.“In der Gemeindera­tssitzung habe es allerdings für große Überraschu­ng gesorgt, als diese Summe zur Sprache kam. „Ich bin bis dahin davon ausgegange­n, dass der Gemeindera­t über diesen Vorschlag informiert gewesen ist.“Er mache seinen Beruf nicht, um Geld zu verdienen, sondern tatsächlic­h aus Idealismus, betont der 53-Jährige in dem Gespräch mit unserer Zeitung immer wieder.

Aber bei allem Idealismus habe er aktuell finanziell­e Verpflicht­ungen, die er nicht außer Acht lassen könne. „In allererste­r Linie sind das meine drei Kinder, die alle noch bis 2018 studieren. Ich kann und werde keine Entscheidu­ng treffen, die dazu führt, dass ich ihre Bedürfniss­e nicht mehr erfüllen kann, und die bedeuten würde, dass ich nicht mehr im notwendige­n Umfang für sie da sein kann, bis sie auf eigenen Beinen stehen.“Konkret heißt das: „Ich brauche im Jahr 2018 etwa 1100 Patienten.“Woher die im ersten Jahr kommen sollen, sei ihm nicht klar, erst recht nicht, da er nicht vorhabe, seinem Kollegen Kaufmann Patienten abzuwerben. „Das ist nicht mein Stil, so bin ich einfach nicht.“

Finanziell­es Risiko von 70 000 Euro

Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g helfe Ärzten, die sich umorientie­ren, zwar mit einer 75-prozentige­n Umsatzgara­ntie. Ein 25-prozentige­s Risiko bleibe aber weiter beim Arzt. In Euro ausgedrück­t seien das etwa 70 000 Euro vor Steuern bei einem Minus von 250 Patienten. „Ich glaube nicht, dass das aufzufange­n ist. Wenn ich wüsste, dass mir dieses Restrisiko im Jahr 2018 abgenommen würde, fiele mir die Entscheidu­ng um einiges leichter. Ab 2019 fällt ein großer Teil meiner Zahlungsve­rpflichtun­gen weg, und ich selber brauche nicht viel. Danach komme ich auch mit weniger Patienten über die Runden.“Dass er eine Praxis aufbauen könne, habe er in Stetten gezeigt. Aber genau diese Umsatzgara­ntie war das, was viele Räte nach Informatio­nen unserer Zeitung abgeschrec­kt hat.

Damit könnte die Geschichte beendet sei, wären da nicht die zahlreiche­n Anrufe, die Grabowski Tag für Tag bekommt: Gemeinderä­te und mögliche Investoren in eine Praxis, was eine Investitio­n der Gemeinde unnötig machen würde. „Diese Anrufe decken sich so gar nicht mit dem Gemeindera­tsbeschlus­s, den mir der Bürgermeis­ter nach der Sitzung mitgeteilt hat“, sagt der Mediziner, der nach wie vor mit sich hadert, ob eine Praxis in Emmingen eine Zukunft für ihn sein könnte, und sich keinen Reim auf die widersprüc­hlichen Signale aus Emmingen-Liptingen machen kann.

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