In Prestenberg isst der Teufel Bratwürste
Was die Landesväter gerne essen – Die Lieblingsspeisen der Ministerpräsidenten sind oft typisch schwäbisch
Winfried Kretschmann repräsentiert das Land als neunter Ministerpräsident und ist kulinarisch betrachtet nicht schwäbisch sozialisiert. In einem Interview mit Kindern in der „Stuttgarter Zeitung“gesteht der Landesvater. der ja immer auch die Traditionen und Gewohnheiten derer repräsentieren sollte, die er vertritt: „Ich bin kein Nassesser. Das bedeutet, dass ich nicht zu allem Soße brauche. Ich lasse sie sogar oft weg.“
Diese Nachricht mag auf den typischen Soßenschwaben, der es liebt, wenn seine Spätzle bis zum Hals im Bratensaft schwimmen, befremdlich wirken. Die Erklärung aber ist einfach: Kretschmanns Familie stammt aus Ostpreußen, wo es mit der schwäbischen Küche naturgemäß nicht so weit her ist. Immerhin: Heute zählen Kässpätzle zu den Leibspeisen des Ministerpräsidenten.
Über die Essgewohnheiten seines Vorgängers, Stefan Mappus, ist nicht viel mehr bekannt, als dass er einen Hang zum Wurstsalat besitzt. Wissen wollen das aber vielleicht sowieso nicht sehr viele Menschen, denn Mappus war nicht unbedingt der Ministerpräsident der Herzen.
Ähnliches lässt sich auch über Günther Oettinger sagen, der zwar auch nicht sonderlich beliebt war, den viele Leute aber wenigstens lustig finden, insbesondere, wenn er Reden auf Englisch hält oder Scherze über Frauen oder Chinesen macht. Wenn er selbst am Herd steht – so verriet er in einem Interview – bevorzuge er Kurzgebratenes wie Kalbsgeschnetzeltes. Aber auch das Grillen gehört zu Oettingers liebsten Zubereitungsarten.
Vom bislang beliebtesten Ministerpräsidenten Baden-Württembergs der jüngeren Geschichte, Erwin Teufel, lässt sich aufgrund seiner kulinarischen Vorlieben auch viel über den Menschen lernen. Als Sohn eines Landwirts aus Zimmern ob Rottweil zeichnet ihn eine ungekünstelte Liebe zu den einfachen Dingen des Lebens aus.
Das hinterlässt auch Spuren auf dem Speiseplan, etwa nach dem Motto: „Lieber Leberkäs’ statt Languste, lieber Trollinger statt Champagner.“Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Löwen in Prestenberg – ein winziges und abgelegenes Örtchen zwischen Ravensburg und Tettnang – bis heute zu den beliebtesten Zielen Erwin Teufels gehört.
Rita Geßler, die Frau von Wirt Ludwig Geßler, sagt: „Ganz einfach Leut’“, seien die Teufels. Der Alt-Ministerpräsident habe meistens Bratwürste im Löwen gegessen, gerne mit Sauerkraut. Für Schnickschnack habe der nichts übrig. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum noch heute viele Menschen dem Landesvater nachtrauern. (nyf)