Jetzt erst recht mit Ohlbrecht und Butler?
Die Ulmer Basketballer brauchen eine Trotzreaktion – sonst ist die Saison beendet
NEU-ULM - Eine Niederlage der Ulmer Basketballer heute Abend (19 Uhr) im vierten Play-off-Duell in Oldenburg, und aus wäre der Traum von der Finalserie und der deutschen Meisterschaft, der für diese talentierte Mannschaft doch acht Monate lang so nahe zu sein schien. Es wäre das Aus nach einer glänzenden Hauptrunde, in der die Ulmer mit 27 Siegen in Serie für einen deutschen Rekord und den besten Basketball gesorgt hatten, der je an der Donau gespielt wurde. Die Chancen stehen nicht gerade gut für Ulm. Oldenburg führt mit 2:1 Siegen, hat Heimvorteil und ist nach den letzten beiden Erfolgen auch psychologisch klar im Vorteil. „Kein einziger Spieler war heute gut“, tadelte Thorsten Leibenath nach dem lethargischen Auftritt am Samstag.
Mit neuen Männern könnte der Ulmer Trainer für einen kleinen Weckruf sorgen. Da’Sean Butler steht nach mehrwöchiger verletzungsbedingter Pause vor seinem Comeback, ob er wirklich eingesetzt wird, ist allerdings die Frage. Leibenath müsste dafür einen anderen US-Amerikaner draußen lassen, etwa Casey Prather oder auch Co-Spielmacher Braydon Hobbs. Ob er das wirklich will angesichts von Butlers fehlender Spielpraxis ist die Frage. Die größte Überraschung aber ist: Auch Center und Langzeitpatient Tim Ohlbrecht könnte nach einem halben Jahr Pause wieder mitwirken, selbst wenn es nur für wenige Minuten ist. „Beide machen die Reise nach Oldenburg mit“, verriet Leibenath am Montag. „Beide trainieren mächtig mit und können Härte reinbringen. Es ist eine Option.“Härte, das heißt nicht Unfairness, sondern mehr körperbetontes Spiel als am Samstag, als die Oldenburger nur zweimal an die Freiwurflinie mussten.
Ob nun mit Butler und Ohlbrecht oder ohne die beiden: Die Ulmer müssen die letzten beiden Niederlagen aus dem Kopf bekommen, die Frustration, auch die Ohnmacht, die sie am Ende der ersten Partie in Oldenburg spürten. „Auf Amerikanisch spricht man von short memory“, sagt Leibenath. „Das heißt, man soll eine kurze Erinnerung haben, sich mit dem Geschehenen nicht zu lange beschäftigen. Wir müssen vorausschauen. Es gilt, befreit zu spielen. Wir müssen uns daran erinnern, was uns stark gemacht hat. Wir haben es in dieser Saison schon öfter geschafft, nach einer schwächeren Leistung wieder eine gute abzurufen.“
Am Samstag hatte es zumindest den Anschein, dass die Ulmer Spieler etwas ausgebrannt sind. Der Wille ist da, Körper und Geist aber schienen ausgelaugt zu sein. „Natürlich ist Müdigkeit ein Faktor“, sagt Leibenath, „aber wir müssen sie bekämpfen. Wir haben in dieser Saison schon einige Energieleistungen gezeigt.“
Optimistisch bleiben will Leibenath, und seinem Team neuen Schwung geben. Die Peitsche herausholen aber werde er nicht: Ich kann brüllen, brüllen, brüllen, aber das ist nicht meine Herangehensweise. Die Mannschaft hat sich zu 100 Prozent mein Vertrauen verdient. Trotzdem habe ich natürlich angesprochen, dass die letzte Leistung nicht akzeptabel war.“Leibenath weiß, dass seine Spieler sauer auf sich selbst sind und mit einer „Jetzt-erst-recht“-Einstellung in die Partie gehen werden.
Wenn es nicht reicht, dürfte die heutige Partie zur Abschiedsvorstellung werden. Ulms MVP Raymar Morgan, Chris Babb, hinter dem Kollegen zum zweitwichtigsten Bundesliga-Spieler gekürt, und Augustine Rubit dürften kaum zu halten sein. Die Sisyphusarbeit begänne wieder von Neuem im Ulm. Noch allerdings kann der Stein von ziemlich weit oben auf die Spitze gerollt werden. Schon vor dem Aus suchte Uli Hoeneß nach Erklärungen. „In der Breite haben sie mehr Klasse, das muss man schon sagen“, meinte der Präsident des FC Bayern über Bamberg – und das zeigte sich beim 0:3 im Halbfinale, dem dritten Aus gegen die Franken in Folge. München kündigte Verstärkung an. Hoeneß will, das habe Priorität, „einen starken Spielmacher holen, der das Heft in der Hand hat“.