Der Aldinger Testturm
Die Feuerwehr kann an ihrem Übungsturm verschiedenste Szenarien trainieren
ALDINGEN - Es ist Samstag Nachmittag, die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel, das Thermometer hat die 25 Grad Marke überstiegen und klettert in Richtung 30 Grad. Dennoch, oder gerade deshalb treffen sich die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Aldingen, um am Übungsturm einige Szenarien zu proben.
Der Übungsturm, das ist eine 14,6 Meter hohe Betonwange. An einer Seite ist eine Metalltreppe angebaut, deren Brüstung sich in der Höhe von zwölf Metern befindet. An der anderen Seite sind im Erdgeschoss eine Metalltüre, im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss jeweils ein Balkon angebaut. Neben den Balkonen sind Fensterrahmen eingebaut. In voller Montur – also mit Schuhen, Hose, Jacke und Helm eines Feuerwehrmanns – nimmt Sven Heinemann einen Vorstieg in Angriff.
Sicherheit geht vor
Das bewerkstelligt er mit einem Gerätesatz Absturzsicherung. Oliver Keller ist sein Festpunkt, der ihn mit einem Kernmantel-Dynamikseil sichert. Sven Heinemann beginnt seinen Vorstieg, indem er am Geländer der Treppe des Übungsturms hinauf klettert. Immer wieder bringt er eine Zwischensicherung an. Oliver Keller hat seinen Kameraden immer im Blick, damit er ihn im Notfall sichern kann.
„Ein Vorstieg wird nötig, wenn sich zum Beispiel eine hilflose Person auf einem Kran befindet“, erklärt Sven Wagner, der stellvertretende Kommandant der Aldinger Feuerwehr. Auch der Abstieg erfolgt umsichtig. Sven Heinemann ist froh, wieder in den Schatten gehen zu können, denn in der Montur empfindet er die Hitze des Nachmittages noch stärker.
Eine Schachtrettung ist die nächste Aufgabe, die den Feuerwehrleuten gestellt wird. Schachtrettung bedeutet jedoch nicht nur, dass eine Person in Not aus einem Kanal gerettet werden muss; es kann sich auch um die Rettung aus einem Silo oder einem Tank handeln. Damit die Feuerwehrleute die Situation in der Höhe üben können, befindet sich der Schachtdeckel im dritten Obergeschoss des Übungsturms.
„Verletzter“in luftiger Höhe
Der „Verletzte“, in diesem Fall Michael Ruhnau, liegt in der Schleifkorbtrage und ist mit einem Gurtsystem gesichert. Die Verhältnisse in dieser luftigen Höhe sind eng und schwierig, so wie es in der Realität auch sein könnte. Die Rettung durch den „Schacht“erfolgt mittels eines Flaschenzuges, der an einem „Dreibock“befestigt ist. Das ist, vereinfacht ausgedrückt, ein dreibeiniges Gestell, dessen Beine teleskopierbar sind. Somit können Höhenunterschiede, wie zum Beispiel bei Treppenstufen, überwunden werden.
Zudem wird die Schleifkorb-Trage über ein sogenanntes Redundanzsystem zusätzlich gesichert. Michael Ruhnau ist froh, dass er, nachdem er von seinen Kameraden gerettet worden ist, die Enge der Trage wieder verlassen kann. In der nächsten Lektion ist Florian Ilg an der Reihe. „Hopp hopp hinauf, Schlauchleitung ziehen“, lautet das Kommando von Sven Wagner.
Im Laufschritt eilt Florian Ilg ins dritte Obergeschoss. Von dort lässt er ein Seil herunter, an dem ein Strahlrohr mit Mastwurf und Halbschlag, mit speziellen Knoten befestigt wird. Zügig, aber umsichtig wird das Strahlrohr nach oben gezogen, im Ernstfall könnte jetzt das Kommando „Wasser marsch!“ertönen.
Auch die Metalltüre bietet Möglichkeiten zur Übung. Das Öffnen mit dem in der Fachsprache genannten „Zieh-Fix“ist an der Reihe. „So etwas müssen wir machen, wenn sich eine hilflose Person im Haus befindet und es keine andere Möglichkeit gibt, hinein zu gelangen“, erklärt Sven Wagner. „Grundsätzlich prüfen wir immer zuerst, ob ein gewaltfreier Zugang möglich ist“, sagt Wagner.
An der Metalltüre des Übungsturms kann auch die Übung mit dem „Halligan-Tool“, einer speziellen Form des Brecheisens, geübt werden. Das kommt im Brandfall zum Einsatz. Ebenso kann der Umgang mit der tragbaren Leiter trainiert werden. „Mit diesem Übungsturm können wir völlig unabhängig viele Situationen trainieren, die uns in den Einsätzen begegnen können“, sagt Sven Wagner, „die Feuerwehren von Spaichingen und Trossingen waren auch schon hier, um zu üben“.