Doppelpack für den guten Jungen
Leipzigs Timo Werner bekommt nach dem 3:1 gegen Kamerun Lob und Rückhalt von Trainer und Mitspielern
SOTSCHI (SID/dpa) - Am Tag nach seinem Doppelpack ließ es Timo Werner ruhig angehen. Der Nationalstürmer genoss die Sonne Sotschis im Teamhotel. Dass das Perspektivteam des Weltmeisters als Gruppensieger beim Confed Cup bis 20 Uhr Ausgang bekam und sich vor dem Halbfinale am Donnerstag gegen Mexiko weiter an den Vorzügen der Olympiastadt von 2014 erfreuen darf, hat es auch dem Stürmer von RB Leipzig zu verdanken.
Mit seinen ersten beiden Länderspieltoren avancierte der 21-Jährige zum Matchwinner beim 3:1 gegen Kamerun. Nachdem Werner in Nürnberg gegen San Marino (7:0) in der WM-Qualifikation nach seiner Einwechslung von den eigenen Fans noch gnadenlos ausgepfiffen wurde, war der Auftritt gegen den Afrikameister Balsam für die Seele. Umso größer war die Freude bei seinen Mitspielern.
„Ich weiß ja, wie es ist, wenn man von Presse und Publikum viel zu hören bekommt. Deswegen freut es mich besonders, dass er da so cool bleibt, dranbleibt und vor allem der Mannschaft hilft“, sagte Julian Draxler. Mit ernster Miene schob der Kapitän einen Appell Richtung Fans hinterher. „Ich hoffe“, sagte Draxler, „dass das Ganze jetzt mal aufhört.“Werner habe seinen Fehler eingesehen und sich dafür entschuldigt. Diesen Fehler, die Schwalbe im Dezember im Spiel gegen Schalke, verfolgt Werner bis heute. In fremden Stadien schlägt ihm beinahe Hass entgegen, Schmähgesänge stehen auf der Tagesordnung. „In dem Alter haben andere Leute ganz andere Fehler gemacht als mal eine Schwalbe. Er ist ein guter Junge, er weiß, was er will und arbeitet fleißig. Damit sollte man es mal beruhen lassen jetzt“, sagte Draxler.
Werner ist darum bemüht, sich aufs Sportliche zu konzentrieren und alle Nebengeräusche auszublenden. Das gelingt ihm gut. Letzte Saison war er mit 21 Treffern mit Abstand bester deutscher Schütze. Im vierten Länderspiel klappte es nun auch in der DFB-Auswahl. „Die ersten Tore in der Nationalmannschaft sind etwas Besonderes“, sagte Werner, der es aber eilig hatte, in den Bus zu kommen: „Die anderen warten schon.“
Eilig hat es der pfeilschnelle Stürmer auch auf dem Platz. Gegen Kamerun wirkte er in der ersten Halbzeit aber etwas übermotiviert. Immer wieder stand Werner im Abseits und tat sich mit der Ballkontrolle schwer. „Es gab ein bisschen Anlaufschwierigkeiten, dann hat es bei mir auch geklappt“, erklärte Werner. Und wie: Beim 2:0 verwertete er eine Flanke von Joshua Kimmich sehenswert per Kopf, beim 3:1 schob er ein Zuspiel von Draxler überlegt ein. Es war der erste Doppelpack eines deutschen Spielers in der Confed-Cup-Geschichte.
Joachim Löw freute sich für den Angreifer, der im März sein Debüt gegeben hatte. „Timo hat unheimlich viele Wege gemacht“, lobte der Bundestrainer. Mit seiner Schnelligkeit bringt Werner eine andere Komponente ins deutsche Spiel. Diese könnte auch bei der WM 2018 gefragt sein. Seine Abschlussqualitäten stehen zudem außer Frage. „Er hat seine Gefährlichkeit und seinen Torinstinkt bewiesen“, sagte Löw. Beide Tore macht er sehr schön, sehr überlegt“, lobte der Bundestrainer in Sotschi: „Er hat wahnsinnig viel gearbeitet und sich diese beiden Tore verdient.“ Joachim Löw beliebte ob der Aussicht auf ein mögliches Titelduell mit Europameister Portugal mit Weltfußballer Cristiano Ronaldo am Sonntag in St. Petersburg zu scherzen. „Ein Endspiel gegen Portugal – das wollte ich schon bei der EM gerne haben“, sagte der Bundestrainer. Bei der kleinen Feier im Teamhotel gab sich Löw entspannt. Er verteilte Küsschen an russische Fans und gönnte sich nach seinem 100. Sieg im 150. Länderspiel ein Glas Wein bei Kerzenschein.