Ein Fest mit 430 Jahren Tradition
In Seitingen-Oberflacht trifft sich die Eustasius-Bruderschaft – Kreuz ist Markenzeichen
SEITINGEN-OBERFLACHT - Am Wochenende lebt in Seitingen-Oberflacht eine gut 430 Jahre alte Tradition weiter. Beim Fest der EustasiusBruderschaft kommen die Mitglieder zusammen, manche von ihnen werden ihr Kennzeichen, ein kleines Kreuz, bei sich tragen. In der Gemeinde gibt es noch eine zweite Bruderschaft.
Konkurrenten sind sie aber nicht. Ganz im Gegenteil sogar: „Die meisten Mitglieder sind in beiden“, sagt Karl Lehmann, stellvertretender Vorsitzender des katholischen Kirchengemeinderats, und meint damit die Eustasius-Bruderschaft und die Sieben-Schmerzen-Mariä-Bruderschaft. Beide Gruppen haben eine lange Tradition.
Der damalige Pfarrer, Christian Mailin, hat die Eustasius-Bruderschaft im Jahr 1585 gegründet. Er ließ auch die gleichnamige Kapelle im Ort errichten. Laut Gemeinde ist diese neben dem Kloster Widdersdorf im französischen Vergaville in Lothringen das einzige Gotteshaus, in dem Reliquien des heiligen Eustasius aufbewahrt werden. So kam auch der Name der Bruderschaft zustande.
Anders dagegen bei der SiebenSchmerzen-Mariä-Bruderschaft. Der damalige Pfarrer, Johann Konrad Briechle, rief die Bruderschaft 1733 ins Leben. Der Name bezieht sich auf die Pieta, die in der Kirche in Seitingen-Oberflacht zu finden ist. Diese zeigt die trauernde Maria, die den Leichnam Christi im Schoß hält. Die Idee, die hinter den Bruderschaften steckt, ist bei beiden Gruppierungen ähnlich. Es geht darum, für andere und auch für Tote zu beten, sich zu treffen und Messen abzuhalten. „Der Sinn hat sich bis heute nicht verändert“, sagt Lehmann.
Die Regelungen hingegen schon. Die Mitglieder der Eustasius-Bruderschaft hätten früher einen Gulden einbezahlt. Darüber sei auch Buch geführt worden. „Heute ist das nicht mehr so“, berichtet er. Unklar sei, wie oft sich die Mitglieder getroffen haben. So könnte wohl das Eustasius-Bruderschaftsfest entstanden sein, meint Lehmann.
Als Zeichen der Mitgliedschaft sollte jeder ein Kreuz haben, das zumindest einen halben Gulden wert sein sollte, steht in der Satzung. „Also etwas hochwertigeres“, erklärt er. Das Kreuz sollten die Mitglieder beim Eustasius-Bruderschaftsfest öffentlich zeigen. Lehmann kann sich vorstellen, dass das manche auch beim Fest am kommenden Sonntag machen werden.
Für die Sieben-Schmerzen-Mariä-Bruderschaft hätten laut Lehmann ähnliche Regelungen gegolten. Nur, dass die Mitglieder heute wie früher anstatt des Kreuzes eine Karte bekommen, auf der Maria abgebildet ist. Lehmann berichtet, dass die Sieben-Schmerzen-Mariä-Bruderschaft früher mehr Zulauf gehabt habe. „Die Leute haben sich vermutlich stärker angesprochen gefühlt“, meint er und ergänzt: „Im 18. Jahrhundert gab es weit mehr als 80 Eintritte im Jahr.“Nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich das relativiert und beide Bruderschaften seien etwa gleich frequentiert worden.
Mittlerweile haben sich die Mitgliedszahlen in beiden Bruderschaften halbiert. Waren es anfangs in beiden Gruppierungen 400 bis 500, sind es heute jeweils 200 bis 250 Leute. So wie früher, dass ganze Jahrgänge nach der Schule mit 15 oder 16 Jahren geschlossen eingetreten sind, gebe es nicht mehr, berichtet Lehmann, der selbst seit 55 Jahren in beiden Bruderschaften Mitglied ist. Er ist damals mit 14 Jahren eingetreten. Vor zwei Jahren seien zuletzt Leute eingetreten. Mitglied werden kann jeder Katholik. Anmelden muss man sich im Pfarramt. Das Eustasius-Bruderschaftsfest findet am Sonntag, 16. Juli, in der Eustasiuskapelle auf der Anstatt statt. Der Gottesdienst mit Aufnahme in die Bruderschaft und Gebeten für die im vergangenen Jahr gestorbenen Mitglieder beginnt um 19 Uhr.