Ungerecht, naiv, hilflos
Die Vorwürfe an die Seenotretter sind zwar unbewiesen. Doch dass sie Schleusern ihren Standort durchgeben, um die Menschen von ihren maroden Booten zu holen, liegt nahe. Die Freiwilligen wollen damit Schlimmeres verhindern. Die Zahl ertrunkener Flüchtlinge zeigt, dass das Sterben im Mittelmeer wieder allgegenwärtig ist. Im Schnitt wurden dieses Jahr elf Tote täglich aus dem Wasser geborgen.
Wer seriösen Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“indirekt Mittäterschaft unterstellt, liegt daneben. Not macht zudem erfinderisch. Selbst wenn die Schleuser die Mittelmeerroute aufgeben, finden sie neue, vielleicht noch gefährlichere Wege nach Europa.
Die Worte von Innenminister Thomas de Maizière und seinem österreichischen Amtskollegen Wolfgang Sobotka zeugen daher von Ratlosigkeit. Ihre Kritik trifft Nichtregierungsorganisationen, diplomatische Verwerfungen brauchen sie nicht zu fürchten. Überhaupt zeigen die EU-Staaten in dieser neuen Episode der Flüchtlingskrise altbekannte, gar egoistische Muster. Vor allem die Drohung Österreichs, den Brenner zu schließen, zeugt von fehlender Solidarität. Statt seine EU-Verpflichtung der Umverteilung gegenüber Italien einzuhalten, lässt man das Land mit den Neuankömmlingen allein. Statt Kritik an den Helfern braucht es eine Besinnung auf den Zusammenhalt – sonst droht eine humanitäre Katastrophe in Italien. d.hadrys@schwaebische.de