Phantastischer Gambenklang
Zu seiner Zeit war der legendäre Gambenspieler Carl Friedrich Abel (1723-1787) europaweit bekannt. Als er in Köthen geboren wurde, hatte Bach just von dort als Thomaskantor nach Leipzig gewechselt. Vielleicht nahm Abel später bei Bach Unterricht. Ab 1743 spielte er in Hasses Dresdner Hofkapelle und schrieb zukunftsweisende Instrumentalwerke. Nach Stationen in Mannheim und Paris ließ er sich kurz vor Händels Tod in London nieder. Im selben Jahr traf dort aus Mailand der jüngste Bach-Sohn Johann Christian ein. Als Freunde teilten beide zeitweilig eine Wohnung und gründeten die erfolgreiche BachAbel-Konzertreihe.
Abels kunstvollste Musik für Gambe solo ist in einem Autograph überliefert, das der Mäzen Joseph Drexel 1888 einer New Yorker Bibliothek vermachte. Sein Vater stammte aus Dornbirn und war 1813 als Porträtmaler und Kaufmann nach Amerika emigriert. Das „Drexel-Manuskript“enthält 29 Stücke, die Abels eminente Improvisationskunst demonstrieren. Gamben sind Streichinstrumente, die am Bein gespielt werden. Anders als das Cello haben sie wie Gitarren Bünde und (meist) sechs Saiten in Quart-Terz-Stimmung. So sind Mehrfachgriffe und polyphone Stimmführungen möglich.
Petr Wagner hat Abels ausgereiften, für den Eigengebrauch entstandenen Zyklus komplett eingespielt. Mit phantastischer Leichtigkeit entfaltet er seinen Reichtum an Satzarten, Stimmungen und Kontrasten. Wie anmutig aufgeworfene Schleier schweben zwischen harmonische Fixpunkte gestreute Tongirlanden einher. Eine Fuge erinnert an Bachsche Vorbilder. Daneben stehen galante Menuette, virtuose Präludien oder aus einem zarten Gespinst von Stimmen gewobene „Arien“. Eine Fundgrube für Liebhaber des nuancenreichen Gambenklangs! (wmg)