50 Jahre Farbfernsehen – immer noch ein buntes Vergnügen?
Ja, wirklich. Ich habe das Fernsehen noch Schwarz-Weiß erlebt. Dazu gehörten auch die graugetönten Abenteuer mit „Lassie“und „Fury“, auf die wir Kinder abfuhren. Aber das Fernsehen diente doch viel mehr der Bildung als der grenzenlosen Unterhaltung. Ver- mutlich ist es dieser frühen öffentlichrechtlichen Sozialisation geschuldet, dass ich heute noch Fernsehen primär als Informationsmedium verstehe und darauf nicht verzichten will. Für seriös gemachte Nachrichten oder Magazine nehme ich mir stets Zeit, und wenn nach der Sommerpause die Talk-Runden wieder starten, schaue ich mir zwischendurch den Schlagabtausch der Größen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gerne an. Dabei fühle ich mich in der Regel auch gut bedient. Da wir in postfaktischen Zeiten leben und der mächtigste Mann der Welt seine Politik auf hirnlose Tweets schrumpft, ist der verantwortungsvolle Umgang mit Nachrichten und Meinung ein Pfund, mit dem unser hiesiges Fernsehen zu Recht wuchert.
Und wenn der Konservensommer zu Ende ist, freue ich mich auf gutgemachte Unterhaltungsfilme. Stimmen die Quoten, hasie auch eine Chance. Mit anderen Worten: Wer Qualitätsfernsehen will, muss auch Qualitätsfernsehen schauen. Das Niveau bestimmen letztendlich die Zuschauer.
Neulich Abend war’s soweit. Am Ende bin ich bei „Visite“hängengeblieben, erschöpft von der Flucht vor kieksenden Shopping-Queens, depressiven Kommissaren und Florian Silbereisen. Dann lieber Tinnitus im Gesundheits-TV. Thema weiß ich aber nicht mehr, vermutlich Alzheimer. Und das Schlimmste war, dass mich nach einer Weile das Gefühl beschlich, alles schon mal gesehen zu haben.
100 Kanäle und nur Schrott?! Vielleicht liegt es bloß an mir, aber hey, war Fernsehen nicht schon mal glamouröser, frecher, witziger? Gefährlicher auch! All die Diskussionen über die Verrohung und Verdummung der Leute durch Fernsehkonsum muten heute ziemlich gestrig an. Selbst die Sittenwächter scheinen längst weitergezogen zu sein, den Online-Junkies hinterher in den virtuellen Dschungel.
Der größte Quotenhit des ZDF dagegen ist derzeit „Bares für Rares“– zur besten Sendezeit. Wohlgemerkt: Wir reden von einer Trödelshow. Der größte Thrill besteht hier darin, ob Tante Waltrauts alte Brosche nun 250 oder 320 Euro bringt. Sie sind der Meinung, das ist spitze?! Nein, gar nicht. Der amerikanische Medienkritiker Neil Postman prophezeite in den 1980ern unheilschwanger: „Wir amüsieren uns zu Tode“. Nun ja. Wenn wir vorher nicht schon vor Langeweile gestorben sind.
’’ Auf seriös gemachte Information will ich nicht verzichten. Von Barbara Waldvogel ’’ Behaltet euren alten TV-Trödel! Von Petra Lawrenz