Der größte Brückenbauer
Präsident Putin will mit einem gigantischen Bauwerk Russland und Japan verbinden
MOSKAU - Russland will in einem Milliardenprojekt das Festland über seine Pazifikinsel Sachalin mit Japan verbinden. „Wir wollen eine Brücke nach Sachalin bauen und dann Sachalin mit der japanischen Insel Hokkaido verbinden“, sagte Präsident Wladimir Putin am Donnerstag bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. „Das ist eine Sache von planetarem Charakter.“
Von der Südspitze Sachalins bis Hokkaido sind es Luftlinie 43 Kilometer – ein gewaltiges Unternehmen. Russland hofft, mit dem Brückenschlag, die Zusammenarbeit mit Japan zu stärken. Moskaus Verkehrsminister Maxim Sokolow legte erste Schätzungen für den Bau vor: rund 500 Milliarden Rubel (7,3 Milliarden Euro). Angeblich soll es eine Eisenbahnbrücke werden – mit einer Kapazität für Warenverkehr von 40 Millionen Tonnen jährlich.
Russland möchte den Fernen Osten, die Pazifikregion der Russischen Föderation, als Wirtschaftszone für die asiatischen Anrainerstaaten attraktiver machen. Bereits vor vier Jahren war die Entwicklung des Fernen Ostens zu einem Hauptanliegen des Kremls erklärt worden. Die Region sollte damals Investitionen auch für russische Bürger reizvoller gemacht werden. Wenig ist unterdessen geschehen. Noch immer verlassen Bürger im arbeitsfähigen Alter zu Tausenden jährlich die strukturschwache Region. Nennenswerte Investitionen kommen weder aus Russland noch von ausländischen Unternehmen. Nach wie vor dürfte China der größte Abnehmer russischer Rohstoffe sein, die im Osten abgebaut werden. Seit hundert Jahren versucht Russland, der eigenen Pazifikregion Herr zu werden. Doch die Bemühungen werden meist nach kürzerer Zeit wieder aufgegeben.
Vorhaben, Sachalin an das Festland anzubinden und den Tatarensund zu überwinden, reichen ins 19. Jahrhundert zurück. Ökonomische Gründe sprachen jedoch dagegen. Unter Josef Stalin, Anfang der 1950er-Jahre, gab es einen weiteren Versuch. Statt einer Brücke war ein Tunnel geplant. Der wurde nicht zu Ende gegraben und nach dem Tod Stalins gänzlich aufgegeben. Angeblich fehlten Arbeitskräfte, nachdem das stalinsche GulagHäftlingssystem aufgelöst wurde.
Eine Brücke wäre indes ein Ersatz für den seit 1945 ausstehenden Friedensvertrag zwischen Japan und Russland. Bis 2025 sei mit der Umsetzung des Projekts zu rechnen, heißt es in Russland. Doch der Optimismus könnte gedämpft werden: Die Kosten dürften ein Vielfaches der veranschlagten sieben Milliarden Euro betragen.
Ungeklärte Inselfrage
Ob Japan hilft, ohne die von der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg besetzten Kurilen-Inseln nordöstlich von Hokkaido zurückzuerhalten, scheint fraglich. Allerdings fährt die Sachaliner Eisenbahn noch auf alten japanischen Schmalspurgleisen. Den Anschluss würde das zumindest erleichtern.
Russland backt keine kleinen Brötchen. Wenn der Präsident etwas in Angriff nimmt, hat es automatisch planetarische Bedeutung. Darunter macht der Kreml schlicht nichts.