Rockriesen mit Stargästen
Die Foo Fighters zelebrieren auf „Concrete And Gold“Härte und Melodien
Wenn Bands Comichelden wären, die Foo Fighters wären wohl der Hulk: Ähnlich wie der Wissenschaftler, der sich durch Wut in ein grünes Muskelmonster verwandelt, haben auch die amerikanischen Gitarrenrocker um Sänger und Gitarrist Dave Grohl zwei Seiten. Einerseits sind da die extrem eingängigen Melodien, andererseits kann die Band – dank ihrer dreifachen Gitarrenpower – aber auch so hart rocken, dass man sich damit vor der heimischen Stereoanlage die Locken aus dem Haar föhnen kann. Da wirkt der Titel der neuen Platte fast schon programmatisch: „Concrete And Gold“(Sony), Beton und Gold, hart und schön. Auf Studioalbum Nummer neun finden die Foo Fighters dabei erneut die perfekte Balance zwischen All American Songbook und ungekünstelter Härte.
Vorab: Justin Timberlake als Gastsänger auf einem Foo-Fighters-Album? Der frühere N'Sync-Schönling auf einer Rockplatte? Wer das ebenso skeptisch zur Kenntnis genommen hat wie die Wahl des Produzenten – Greg Kurstins bekannteste Arbeit ist „Hello“von Adele –, darf aufatmen. Timberlake hört man nicht heraus, und Kurstin macht einen guten Job. Er verpasst dem Sextett einen monströsen Sound, der zum überdimensionalen Rock der Band passt. Und der ist diesmal nach dem experimentelleren „Sonic Highways“(2014), bei dem die Musikstile acht unterschiedlicher US-Metropolen die Stücke prägten, wieder direkter ausgefallen.
Das schwindelerregende Niveau von „Wasting Light“(2011) erreicht „Concrete And Gold“nicht. Der Vorvorgänger überraschte damals, weil die Foo Fighters in den Jahren zuvor Gefahr liefen, zur satten Rockfirma zu werden, die live mit ausgedehnten Akustikblöcken langweilte und etwas zu viel Tom Petty und etwas zu wenig Nirvana durchscheinen ließ. „Wasting Light“wirkte wie die Rückkehr zu den aggressiveren Wurzeln der Band, die NirvanaSchlagzeuger Dave Grohl nach dem Tod von Kurt Cobain 1994 gegründet hatte. „Concrete And Gold“wird nun beidem gerecht: dem Wunsch der Foo Fighters, Melodien für Millionen zu schreiben, aber dabei nicht die Fraktion der Fans harter Klänge zu vergraulen. Keine ganz einfache Aufgabe.
Doch „Concrete And Gold“wirkt eben nicht satt und redundant, sondern so, als gebe es immer noch Songs, die sich Mastermind Dave Grohl von der Seele habe schreiben müssen. „The Sky Is A Neighborhood“ist da an erster Stelle zu nennen. Ein majestätischer Zeitlupenstampfer, der dieses „Larger than Life“-Gefühl verkörpert, dass die Foo Fighters seit ihrem zweiten Album „The Colour And The Shape“wecken konnten wie kaum eine andere Band auf dem Planeten. Auch „The Line“zeigt überdeutlich, dass die Fähigkeit zum Hymnen schreiben ihnen auch auf Studioalbum neun nicht abhanden gekommen ist. Der Song erinnert in seiner Struktur etwas an „Best of You“von 2005 und dürfte somit künftig zum unersetzlichen Livemagneten werden.
Wie stolz die Foo Fighters auf ihre neuen Songs sind, sieht man daran, dass viele schon vor Veröffentlichung des Albums live präsentiert oder gleich als Single ausgekoppelt wurden. So auch die rabiate Powerrock-Kratzbürste „Run“. Stark auch „La Dee Da“, das wieder diesen grandiosen Spagat zwischen Gefälligkeit und Aggression schafft. „Dirty Water“ist die entspannte Radionummer für den Highway und überrascht mit Background-Frauengesang, bevor der Song eine dynamische Wende hinlegt, die den Hörer dranbleiben lässt.
An anderer Stelle darf Drummer Taylor Hawkins Rhythmuspatterns auspacken, die man so noch nicht bei den Foos gehört hat, beispielsweise in „Make It Right“. Bei „Sunday Rain“greift indes ein prominenter Stargast zu den Trommelstücken: Ex-Beatle Paul McCartney gibt sich die Ehre. Apropos: An den Sound der britischen Musiklegende erinnert „Happy Ever After (Zero Hour)“mit seinen cleanen Gitarren. Wenn etwas abfällt, dann der am Ende stehende Titelsong, der etwas arg ausgewälzt und pathetisch wirkt.
„Sgt. Pepper’s“als Vorbild
Er habe ein Album wie „Sgt. Pepper’s“machen wollen, nur von Motörhead gespielt, sagt Dave Grohl über die Scheibe. Das trifft es insofern gut, als dass wir damit wieder bei der Hulk-Parallele wären: einschmeichelnde Melodien und muskelbepackte Gitarrenriffs.
Die Foo Fighters, auch 2017 Garanten für große Rockmomente. Demnächst in einem Stadion in Ihrer Nähe.