Menschen durch Höhen und Tiefen begleiten
Auszubildende zum Gesundheits- und Krankenpfleger in psychiatrischen Einrichtungen lernen viel im Umgang mit ihren Patienten
Gerade hat er seine mündlichen Prüfungen erfolgreich abgelegt – jetzt ist Martin Halder „Staatlich geprüfter Gesundheitsund Krankenpfleger“. Drei Jahre lang hat der 31-Jährige im ZfP, dem Zentrum für Psychiatrie in Weißenau, seine Ausbildung gemacht, sich um psychisch wie körperlich kranke und behinderte Menschen gekümmert, blockweise die Schule für Gesundheits- und Krankenpflege in Weißenau besucht und für seine Klausuren und Prüfungen gebüffelt. „Das ist ein toller Beruf!“, sagt der Ravensburger und strahlt.
Nach dem Lehramtsstudium
Die Tage bei der Arbeit sind alles andere als monoton und vergehen für Martin Halder wie im Flug. „Unser Beruf ist so vielfältig, jeder Tag ist ganz anders“, meint der junge Mann, der zuvor Physik und Mathematik auf Lehramt studiert hat und sich nach seinem Ersten Staatsexamen für eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger entschieden hat. „Der Umgang mit den Patienten, das Zwischenmenschliche ist das, was mir am meisten Spaß macht“, sagt er und erzählt von Schicksalen, Höhen und Tiefen seiner Patienten mit den vielfältigsten Krankheitsbildern. „Wir lernen viel von unseren Patienten, sie geben uns einiges an Lebenserfahrung weiter“, meint der junge Mann. Kommunikation und viel Beziehungsarbeit sei vor allem in der Psychiatrie entscheidend für den Therapieerfolg.
Das richtige Maß finden
Trotz emotionaler Nähe zu den Patienten ist für Pflegekräfte ein richtiges Maß an Nähe und Distanz nötig – „sonst geht man daran kaputt“, meint Halder. Trotz Sorgen und Problemen wiegen Fortschritte und Erfolge ihrer Patienten vieles auf. Belohnt werden Pflegefachkräfte auch mit viel Dankbarkeit. „Das macht unseren Beruf aus und gibt Kraft!“meint Halder positiv gestimmt. ANZEIGEN
In psychiatrischen Kliniken wie dem ZfP sammeln die Auszubildenden mehr Psychiatrieerfahrung als ihre Kollegen in anderen Kliniken. Dennoch lernen sie auch die Pflege in somatischen Kliniken. Martin Halder zum Beispiel war in seinem zweiten Ausbildungsjahr in einem Krankenhaus in Lindau tätig und hat vorgeschriebene Einsätze in der Notaufnahme, der Chirurgie, der Gynäkologie, der Anästhesie und der Inneren Medizin absolviert. Im ZfP hat er mit vielen Mischformen an psychiatrischen Erkrankungen zu tun – mit Schizophrenie, Depressionen, Manien, Demenz oder Suchterkrankungen von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen. Unterschiedliche Bereiche musste er auch dort abdecken, sodass er einiges an praktischen Erfahrungen gesammelt hat. „Wir gehen hier sehr offen mit den psychiatrischen Krankheiten um und würden uns wünschen, dass solche Patienten in der Gesellschaft weniger stigmatisiert werden“, meint der Absolvent.
2100 Theorie- und 2500 Praxisstunden schreibt das Krankenpflegegesetz für die Ausbildung vor – oft finden die Stunden im mehrwöchigen Wechsel als Block statt. Viele Fachbücher zu Medizin, Psychologie und Pflege müssen die Auszubildenden lesen, um ihre Klausuren und Prüfungen zu bestehen. Deshalb wird mindestens ein Realschulabschluss für diese Ausbildung empfohlen. Selbst für Martin Halder war der Lehrstoff trotz vorherigem Studium „nicht ganz locker“zu bewältigen.
Ambulanter Dienst
Mit seinem Abschluss in der Tasche wird Martin Halder am 1. Oktober im psychiatrischen ambulanten Dienst arbeiten und psychisch kranke Menschen zu Hause besuchen und sie versorgen – durch Gespräche, durch die Hilfe bei der Pflege, der Tagesstrukturierung oder durch Aktivitäten – der frisch gebackene Gesundheitsund Krankenpfleger sieht diese Aufgabe als Herausforderung, schließlich ist er auf sich allein gestellt – „trotz Team ist viel selbständiges Arbeiten dabei“.
Gesundheits- und Krankenpfleger können in unterschiedlichen Berufsfeldern tätig werden – neben Kliniken kommen Behinderten- oder Altenpflegeeinrichtungen ebenso infrage wie zum Beispiel ambulante Pflegedienste. Zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten – etwa zum Wundmanager, zum psychiatrischen Fachpfleger oder zum Intensiv- und Anästhesiefachpfleger – ermöglichen die Spezialisierung und Vertiefung der Grundausbildung. Auch Bachelor-Studiengänge in Pflegewissenschaften, Pflegemanagement, Pflegepädagogik oder Gesundheitsmanagement befähigen zu einer beruflichen Weiterentwicklung bis hin zu Leitungsaufgaben im Pflegedienst oder einer Klinik. Mit Abitur stehen Pflegefachkräften auch die Türen zum Medizinstudium offen.
„Für die Verantwortung, die wir haben, sind wir schlecht bezahlt.“Mit dieser Meinung steht Martin Halder nicht allein da. Dennoch ist der junge Mann zufrieden: „Dieser Beruf macht Spaß und bietet ein breites Arbeitsfeld mit so vielen Fachrichtungen – ich wollte das nicht mehr missen und bin angekommen“, sagt der 31-Jährige und wünscht sich, dass viel mehr junge Leute ein Praktikum oder Freiwilliges Soziales Jahr in diesem Bereich machen. „Ich bin mir sicher: Viele von ihnen würden sich für diesen Beruf entscheiden.“