Vor der Wahl Gedächtnis auffrischen
Zum Interview „,Menschengemachter Klimawandel nicht nachweisbar’“mit Alice Weidel (13.9.): Bei einigen Sätzen aus dem Mund von Frau Weidel rollt es mir die Zehennägel zusammen. Wie soll er (der Klimawandel, d. Red.) empirisch nachweisbar sein angesichts der Tatsache, dass der Mensch noch nie so intensiv und extensiv die Erde abholzte, mit Abgasen die Luft aller Erdbewohner verpestet, die Bodenschätze und die gesamte Natur ohne Rücksicht auf nachkommende Generationen radikal ausraubt? Was braucht Frau Weidel denn noch an Klimaschädigungen? Frau Weidel scheint hier auf der gleichen ignoranten Ebene mit Donald Trump zu stehen. Sie wäre demnach eine „geeignete“Umweltministerin für Trump, aber tragbar als Mitglied eines demokratischen Rechtsstaats wie Deutschland?
Zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Sicherung der Außengrenzen des Schengen-Raums sagt Frau Weidel: „Das ist mittlerweile ja völlig egal, was der EuGH sagt.“Gerichtsurteile, von welchem Gericht auch immer, auch höchstrichterliche Urteile, sind für Frau Weidel und ihre Partei offenbar nur dann relevant, wenn diese in ihrem Sinne ausfallen. Mit dieser Haltung empfiehlt sich Frau Weidel als Ministerin von Ungarns Ministerpräsident Orban, dem das jüngste EuGHUrteil ja auch schnuppe ist.
Das und die meisten programmatischen Aussagen der AfD müsste alle Bürger aufwecken und erschrecken, denen unsere demokratische Verfassung und unser Rechtsstaat eine nicht hoch genug zu schätzende Lebensgrundlage bedeutet. Sie gerät akut in Gefahr angesichts dieser Partei und ihrer Führungsriege. Man denke nur an Höckes Aussage zum Mahnmal des Holocaust in Berlin, das er als „Mahnmal der Schande“bezeichnete. Rechtslastiges Gedankengut hat nicht nur unser Land, sondern die ganze Welt schon einmal in die Katastrophe eines Weltkriegs geschickt mit 55 Millionen Toten, vor noch nicht mal 80 Jahren. Auch damals glaubte man scheinbar harmlosen Parolen. Es ist noch nicht lange her, dass man lesen konnte, AfD-PolitikerInnen würden sogar auf Flüchtlingskinder schießen lassen, wenn sie bei uns Schutz suchten. Das Grundgesetz sichert allen Menschen unantastbare Würde zu. Wir sollten unser Gedächtnis auffrischen, bevor wir wählen gehen. Berthold Seeger, Biberach
Rechtssystem auf dem Kopf
Zum selben Thema: Dass die AfD gegen Ausländer hetzt, ist ja schon hinlänglich bekannt und auch mittlerweile nur noch peinlich. Interessant wird es, wenn sie sich, wie Frau Weidel, so richtig outet: die Rechtsprechung des EuGH ist ihr also egal. Das ist bemerkenswert, weil ein einheitliches Rechtssystem eben eine einheitliche Gerichtsbarkeit erfordert. Die Urteile sind natürlich nicht jedermanns Geschmack. Aber wie will die Dame denn das Rechtssystem auf die Füße stellen, wenn dieses auf dem Kopf steht? Martin Sigrüner, Kißlegg
Völlig maßlos
Zum Thema „,Landshut‘ soll vor der Wahl ankommen“(16.9.): Die Entführung und Befreiungsaktion in Mogadischu habe ich als jetzt 69Jährige mit Schrecken miterlebt durch Presse, Radio und TV. Es darf nicht vergessen werden. Aber dass dieses politische Attentat nun eine Art Denkmal in Friedrichshafen bekommt, verstehe ich nicht. Bonn, Berlin – ja, an den politischen Schaltstellen der damaligen Zeit hat das Sinn.
Völlig maßlos erscheinen mir aber die so großzügigen „Gaben“vom Bund! Zehn Millionen „für die vollständige Übernahme der investiven Kosten“– für Überführung der zerlegten Boeing, die gesamte Restaurierung und die Erstellung eines Museumskonzepts ...!
Wer kann diese Dimensionen begreifen? Kitas kämpfen um einige 1000 Euro, überall fehlen Lehrer an den Grundschulen, Bahnverbindungen fehlen allerorten, Straßen und Brücken sind marode ... Und die Südwestdeutsche Philharmonie bekommt nur 900 000 Euro für ihre Kulturarbeit ... Aber für dieses geschichtsträchtige Wrack hat unsere Bundesregierung zehn Millionen bewilligt ... Denk mal nach! Gerdi Spengler, Eriskirch
Eiskalte Dusche für Grundschulen
Zum Artikel „Zum Start fehlen in vielen Schulen Lehrer“(7.9.): Der Klassenteiler soll ausgesetzt werden. Wenn die Lehrer fehlen, dann füllen wir einfach die Klassen auf. An Stelle der 28 Schüler in der Klasse sollen es nun 31 Schüler sein. Dies geschieht frei nach dem Motto: Darfs ein bisschen mehr sein? Nein! 28 Schüler in der Klasse sind genug!
Intelligente Lösungen sehen anders aus. Die Bildungspolitiker machen, was sie wollen. Mit 31 Kindern in einer Grundschulklasse fallen wir weit zurück in den ach so geliebten Rankings. Ein Aufschrei wird durch das Land zu hören sein. Und wieder ist der Ärger hausgemacht. Sparen auf Kosten der Bildung, auf Kosten der Lehrer und Schüler. Die Junglehrer sind abgewandert in andere Bundesländer, weil sie hier in Baden-Württemberg schlechtere Bedingungen vorfinden.
Wer ist eigentlich zuständig im Ministerium für die Berechnungen der Schülerzahlen an Grundschulen? Die Kinder, die zum Beispiel im Jahr 2022 eingeschult werden, die sind ja schon geboren. So lässt sich ein Mangel doch rechtzeitig erkennen. Wer das nicht berechnen kann, der würde den Anforderungen einer Grundschule nicht genügen – also Note ungenügend. Antonie Hartmann-Striebel, Laupheim
Genauso schnell korrigieren
Zum selben Thema: Die Landesregierung Baden-Württenberg ist seit einigen Jahren unter der Führung von Ministerpräsident Kretschmann, und nun wird sieben Tage vor Schulbeginn festgelegt, den Klassenteiler anzuheben. Rektoren hatten vor den Ferien die Planungen für das kommende Schuljahr fertig, einzelne Lehrer haben ihre Teilzeit angepasst und andere sich schon für das neue Jahr vorbereitet. Eltern haben sich nach Maßgabe der geplanten Lehrer/-in mit entsprechender Schulausrüstung eingedeckt.
Viel schlimmer aber ist, dass jetzt in der ersten Klasse 29 Schüler in einer Klasse in das Schulleben starten.
Hier ist auch anzumerken, dass bei frühzeitigen Maßnahmen der ein oder andere Antrag auf Zurückstellung von Schülern anders entschieden worden wäre und die 31 erreicht werden hätte können und somit die Klasse zweizügig auch nach neuer Regelung gestartet wäre. Hier entsteht der Eindruck, dass gerade deshalb diese Maßnahme so kurzfristig bekannt gegeben wurde.
Ich als Vater eines betreffenden Kindes bin darüber schockiert wie man mit dem Wichtigsten für unser Land umgeht. Kinder sind unsere Zukunft, hört man immer von Seiten der Landesregierung! Der Lehrermangel ist ein Versäumnis der Behörde, schließlich kennt man die Geburtenzahlen. Dass ein erhöhter Lehrerbedarf aufgrund der Zuwanderung benötigt wird, darf und kann keine Ausrede sein.
Wenn man so kurzfristig solch schwerwiegende Maßnahmen festlegt, sollte man dies genauso schnell wieder korrigieren können. Klaus Königsberger, Langenenslingen Liebe Leserinnen, liebe Leser, wir freuen uns über Ihre Briefe. Bitte haben Sie aber Verständnis dafür, dass wir für die Veröffentlichung eine Auswahl treffen und uns auch Kürzungen vorbehalten müssen. Leserzuschriften stellen keine redaktionellen Beiträge dar. Anonyme Zuschriften können wir nicht veröffentlichen.
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