Daheim sterben dürfen – das ist das Ziel
Das Palliativnetz des Landkreises hat einen neuen Vorsitzenden: Volker Teufel
SPAICHINGEN - Es sind die Schmerzen und die Atemnot in den Wochen, Tagen und Stunden des Sterbens, die Patienten und Angehörigen einen solchen Horror einjagen, dass sie in ihrer Hilflosigkeit zum Telefon greifen und den Notarzt rufen. Und dann stirbt der Mensch da, wo er es eigentlich gar nicht wollte: im Krankenhaus. „Hospiz daheim“ist das, was das Palliativnetz des Landkreises anbietet. Das ist ein Verein, der die Kassenleistung „Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung“(SAPV) koordiniert. Er hat einen neuen Vorsitzenden: Volker Teufel, 67, aus Spaichingen.
Teufel ist Anästhesist und Notfallmediziner im Ruhestand. Der gebürtige Tuttlinger hat nach dem Studium und einer Anstellung in Reutlingen am Landkreis-Klinikum gearbeitet. Er habe ein „gutes und reichhaltiges Leben“mit diesem Beruf gehabt und wolle nun im Ehrenamt etwas zurück geben. Aber vorweg: Teufel, verheiratet mit der Spaichinger Ärztin Sylvia Reichle-Teufel, mischt sich in die medizinischen Angelegenheiten des Palliativnetzes nicht ein. Nur wenn er gefragt wird, gibt er einen Rat.
Eigentlich, so sagt er, sei das Vereinsarbeiten nicht so sein Ding. Er habe sich immer nur als Vize-Vorsitzender gesehen, der er auch lange war. Nun hat der bisherige Vorsitzende, Bürgermeister Jürgen Zinsmeyer, sein Amt abgegeben, und weil Teufel ganz nahe beim Büro des Netzes lebt, im Paul-Ehrlich-Weg in Spaichingen, und ihm das Anliegen selbst wichtig ist, habe er „ja“gesagt. Nun arbeite er sich in die vielen Ordner ein und ist froh über das professionelle Mitarbeiterinnenteam Petra Kratt und Simone Heinzelmann, beide FachPflegekräfte, die über den Verein angestellt die Organisation der Palliativversorgung gewährleisten.
Denn das System funktioniert so: Das Palliativnetz hat Verträge mit niedergelassenen und speziell ausgebildeten Ärzten und Pflegekräften. Diese besuchen die meist an Krebs oder an einem neurologischen Leiden unheilbar erkrankten Menschen zuhause und sorgen dafür, dass sie möglichst wenig oder gar keine Schmerzen haben und auch sonst die Leiden des Sterbens wie Atemnot und Angst gelindert werden.
Das Palliativnetz ist die Brücke zwischen dem Wunsch der allermeisten Menschen, zuhause sterben zu dürfen, und der Realisierbarkeit dessen. „Wenn eine Familie bereit ist, das so zu machen, dann müssen wir ihnen klar machen, dass und wie sie das auch können“, eben mit Unterstützung der Palliativkräfte. Darum sei die Arbeit mit den Angehörigen auch so wichtig, so Teufel. Sie und die beteiligten Profis müssen wissen: Einem aus-therapierten todkranken Menschen kann man nur schaden, wenn man ihn leiden lässt.
Verein trägt die Verwaltung und das Büro
Jemanden gehen zu lassen und ihm dabei den Weg zu erleichtern, das ist nicht leicht. Auch nicht für Ärzte, die einen Menschen eigentlich immer heilen wollen und aushalten müssen, dass es nun um etwas ganz anderes geht, so Teufel. Die Kassen bezahlen dabei nur die SAPV, aber das Palliativnetz soll viel mehr, wünscht sich Teufel. Der Verein trägt die Verwaltung und das Büro, der Raum wird kostenfrei vom Landkreis zur Verfügung gestellt in einem der nicht renovierten Schwesternheime.
Mehr Platz, gute Computerausstattung, ein eigenes Auto für die Einsätze, Supervision für die oft belastende Arbeit an der Grenze der Existenz, Veranstaltungen mit den Angehörigen bis hin zu regelmäßigen Gedenkfeiern – all das wünscht sich Teufel und ist daher sehr dankbar für Spenden.
Denn der rund 100 Mitglieder starke Verein, der all das stemmt, finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Bisher wurde er von der Hildegard- und KatharinaHermle-Stiftung großzügig bedacht, das ist jetzt ausgelaufen. Und so lässt sich der neue Vorsitzende Aktionen einfallen. Vielleicht einmal eine Kunstauktion oder ähnliches schwebt ihm vor.