Ware Welpe
Illegaler Handel mit jungen Hunden floriert – Nur wenige Fälle werden aufgedeckt
RAVENSBURG - Das illegale Geschäft mit Hundewelpen boomt. 200 000 Tiere werden Schätzungen zufolge jährlich in den deutschsprachigen Raum geschleust. Zuletzt sorgten zwei Fälle aus dem bayerischen Schwaben für Aufsehen.
Mit rührenden Hundebildern werden potenzielle Kaufinteressenten meist im Internet angelockt, übergeben werden die Tiere dann in Wohnungen, Gartengrundstücken oder aus dem Kofferraum heraus. Mehrere Hundert Euro müssen die oft unwissenden Käufer für die illegal aus Osteuropa beschafften Welpen hinblättern – und handeln sich damit meistens hohe Kosten für Impfungen und Behandlungen beim Tierarzt ein.
Denn die Jungtiere, die unter erbärmlichen Umständen in Ungarn, der Slowakei, Bulgarien oder Rumänien „produziert“werden, wie es Tierschützer nennen, sind oft von Würmern befallen und unterernährt. Viele sterben nach dem kräftezehrenden Transport nach Deutschland. Laut Gesetz müssen die Welpen bis zur achten Woche bei Muttertier und Geschwistern bleiben. Doch Geschäftemacher schicken die Jungtiere meist schon kurz nach der Geburt auf die Reise.
Hohe Gewinnspanne
„Der illegale Handel ist ein lukratives Geschäft“, sagt Lea Schmitz vom Tierschutzbund Deutschland. Obwohl die Preise oft unter denen seriöser Züchter lägen, seien die Gewinnspannen beträchtlich. Am Beispiel für eine Lieferung ungarischer Chihuahua-Welpen „guter Qualität“kalkuliert die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“etwa einen Gewinn von rund 760 Euro für den Händler – bei einem Verkaufspreis von 1000 Euro.
Die Aussicht auf einen Zuverdienst veranlasste offenbar auch einen 21 Jahre alten Mann aus Memmingen dazu, sich in der Slowakei illegal fünf Chihuahua und zwei ZwergspitzPomeranian zu beschaffen. Die Tiere, die nicht gegen Tollwut geimpft waren, sollten für mehrere Tausend Euro im Internet weiterverkauft werden. Kein Einzelfall. Erst vergangene Woche deckte die Polizei einen illegalen Welpenhandel in einer Kleingartenanlage in Illerkirchberg (Alb-DonauKreis) auf, im August hatte das Veterinäramt in Blaufelden (Landkreis Schwäbisch Hall) fünf Beagle-Welpen beschlagnahmt.
„Das ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Lea Schmitz vom Tierschutzbund. Im vergangenen Jahr dokumentierte der Verband 515 illegal gehandelte Welpen, die in Deutschland in Obhut genommen wurden. Die Dunkelziffer liegt nach Experteneinschätzungen um ein Vielfaches höher. So geht die Umweltbehörde der Stadt Wien von rund 200 000 Welpen jährlich aus, die illegal in den deutschsprachigen Raum geschleust werden. Eine europaweite Studie kommt sogar zu dem Schluss, dass von mehr als 550 000 jährlich gehandelten Hunden nur rund 20 000 registriert werden.
Die baden-württembergische Tierschutzbeauftragte Julia Stubenbord plädiert daher für härtere Sanktionen. Bis zu 50 000 Euro Geldstrafe sieht der Gesetzgeber für Verstöße gegen das Tierschutz-und Tierseuchengesetz vor. „Diese Summe wird aber quasi nie verhängt“, sagt Stubenbord. „Oft wird ein gewerblicher Handel, der strafverschärfend wirkt, nicht anerkannt.“Wirksam gegen kriminelle Tierhändler könnte laut Stubenbord zudem eine europaweite Registrierungspflicht für Hundewelpen sein. Zweimal jährlich werden in BadenWürttemberg gezielt Tiertransporter unter die Lupe genommen. Neben Hundewelpen finden die Kontrolleure auch Katzen, Vögel oder Meerschweinchen. Meist ist es aber der Zufall, der die Beamten auf die Spur von Tierhändlern bringt. Seit Wiedereinführung der Grenzkontrollen fallen vor allem in Bayern immer wieder Transporter mit eingeschleusten Tieren auf. Wie in den jüngsten Fällen in Bayern sind es immer wieder Hundeliebhaber und Tierschützer, die im Internet auf dubiose Kleinanzeigen gestoßen sind, die die Polizei auf die Spur der kriminellen Verkäufer führen. „Es sind bereits zahlreiche Hinweise eingegangen“, sagt Thomas Merk, Polizeichef in Senden (Landkreis Neu-Ulm) mit Verweis auf den Fall in Illerkirchberg. Für eine Einschätzung, ob das verdächtige Ehepaar aus Senden bereits mehrere Tiere illegal verkauft hat, sei es aber noch zu früh.