Zustand der Polizeiausbildung kritisiert
Gewerkschaft beklagt schlechte Gebäudezustände und mangelnde Technik
STUTTGART (lsw) - Weniger Standorte, fehlendes WLAN, dazu veraltete Duschräume: Bei der Polizei in Baden-Württemberg mangelt es aus Sicht der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) an etlichen Stellen. „Beispielsweise kann man fast drei Jahre nach der Schließung der Fortbildungseinrichtungen in Freiburg und Wertheim nicht einmal ansatzweise von einem Ersatz sprechen“, sagte der Landesvorsitzende Ralf Kusterer.
Die Stimmung unter den Auszubildenden, Lehrern, Dozenten und Professoren sei auf dem Tiefpunkt. Polizeianwärter verließen kurz nach der Einstellung die Polizeibildungseinrichtungen, die von ihnen als „miserabel“bezeichnet würden. „So sieht heute keine Jugendherberge mehr aus.“
Doch das Land will sich den Problemen bereits angenommen haben: Nach Auskunft von Innenminister Thomas Strobl (CDU) vom Sonntag vollzieht Baden-Württemberg gerade das „größte Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramm in der Geschichte der Polizei“. Der Südwesten erfülle jetzt – vorbehaltlich der Beschlüsse im Landtag – bereits das, was zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2021 versprochen worden sei. „Mit der Einstellung von 1400 Polizisten im Jahr sind wir jetzt schon an der Grenze, mit 1800 brauchen wir neue Ausbildungskapazitäten.“
Platten fallen in der Toilette ab
Aktuell findet die Einstellung der Polizeischüler im mittleren Dienst laut Kusterer überwiegend im Süden (Lahr und Biberach) und nur in kleinem Umfang in Bruchsal statt. An der Ausstattung mangele es aber. „In einigen Gebäuden müssen Eimer dazu dienen, eindringendes Wasser aufzufangen, Platten fallen von den Toiletten- und Duschwänden ab“, erzählte Kusterer.
Erst in der vergangenen Woche sorgte die Krätze in Bruchsal für die zeitweise Schließung. Und auch die Hochschule für die Polizei in Villingen-Schwenningen ist laut Kusterer „ein Desaster“: Kaum WLAN, veraltete Lehrräume. „Man kann die Zustände bei der Polizei auch so beschreiben: Mit der Kreidetafel gegen Internetkriminalität.“
Bis heute habe die Polizei im Fortbildungsinstitut in Böblingen beispielsweise keinen Ersatz für die bis 2015 in Wertheim und Freiburg vorhandenen Kriminaltechniklehrsäle. „Das ist deshalb fatal, weil die Qualität der Kriminaltechnik von herausragender Bedeutung im Strafverfahren ist. Nur super ausgebildete Kriminaltechniker sichern eine optimale Kriminalitätsbekämpfung und die Grundlagen für sachgerechte Urteile“, sagt Kusterer. Viele Lehrgangsteilnehmer weigerten sich in den ehemaligen Bundeswehrzimmern zu übernachten und veraltete Gemeinschaftsduschen und Toilettenanlagen zu nutzen.
Suche nach neuem Schulort
Derzeit prüft die Landesregierung Standorte für eine neue Polizeischule. Schon beschlossen ist – von Herbst 2018 an – ein neuer Standort in Herrenberg (Landkreis Böblingen). Doch Kusterer zeigt sich wenig zuversichtlich: „Zu unserem Leidwesen soll Herrenberg einen total veralteten Unterbringungsstandard erhalten und orientiert sich keineswegs an dem, was heute eine moderne Bildungseinrichtung ausmacht.“Allein Herrenberg reiche nicht aus, um die beabsichtigten und in der Polizei dringend benötigten jährlichen Einstellungen von 1800 zu erfüllen.
Nach gegenwärtigem Stand haben die Polizeibehörden in Baden-Württemberg 31 000 Beschäftige. 24 000 davon sind Polizeibeamte. Zuerst hat eine Strukturreform im Jahr 2012 zu starker Unruhe geführt. Heuer sind dann von der grün-schwarzen Landesregierung Korrekturen an dieser Reform ins Auge gefasst worden.