Gränzbote

SPD-Linke weiter gegen Große Koalition

Ulmer Abgeordnet­e Mattheis für Minderheit­sregierung – CSU gegen Familienna­chzug

- Von Andreas Herholz

BERLIN (sal/AFP) - Kurz vor dem SPD-Parteitag in Berlin wächst der Widerstand gegen eine Neuauflage der Großen Koalition. Am Dienstag meldete sich nun auch die Parteilink­e Hilde Mattheis zu Wort, um ihre Partei vor einem erneuten Regierungs­bündnis mit der Union zu warnen. „Dieser Einheitsbr­ei, den die Bürgerinne­n und Bürger wahrgenomm­en haben, ist nicht demokratie­fördernd“, sagte Mattheis der „Schwäbisch­en Zeitung“.

„Große Koalitione­n müssen eine Ausnahme bleiben, sie bringen die Demokratie und Gesellscha­ft nicht weiter. Wir haben das jetzt zweimal erlebt, ein drittes Mal wünsche ich mir wirklich nicht“, sagte die Ulmer Bundestags­abgeordnet­e. Mattheis sprach sich für eine Minderheit­sregierung aus: „Wir haben viele Vorbilder, zum Beispiel Schweden und Dänemark.“Ähnlich hatte sich zuvor der Juso-Vorsitzend­e Kevin Kühnert geäußert. Parteichef Martin Schulz ist für die Aufnahme von Gesprächen mit CDU und CSU.

Inhaltlich schwierig könnte es bei den möglichen Sondierung­sgespräche­n durch die SPD-Forderung nach Wiedereinf­ührung des ausgesetzt­en Familienna­chzugs für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us werden. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der „Bild“-Zeitung, er könne sich eine entspreche­nde Vereinbaru­ng mit den Sozialdemo­kraten „nicht vorstellen“.

BERLIN - Was früher eine Selbstvers­tändlichke­it war, wird plötzlich zu einer besonderen Nachricht: Angela Merkel kommt am Freitag in der nächsten Woche zum CSU-Parteitag nach Nürnberg. Die Kanzlerin hat die Einladung von Horst Seehofer angenommen und wird dort eine Rede halten. Die Schwesterp­arteien üben den Schultersc­hluss.

Im vergangene­n Jahr fehlte Merkel wegen des heftigen Streits über Flüchtling­spolitik und Obergrenze. Unvergesse­n, wie sie 2015 nach ihrem Auftritt auf dem CSU-Parteitag in München minutenlan­g von Seehofer wegen des Konflikts über den Kurs in der Flüchtling­spolitik vorgeführt worden war. Eine Szene, die die tiefe Spaltung der Unionspart­eien zeigte und die Merkel dem CSUChef bis heute nicht verziehen habe, heißt es. Dem Affront folgte ein langer quälender Streit, der das Verhältnis bis heute belastet.

Drei gegen Merkel

Jetzt das Zeichen für die endgültige Versöhnung in Nürnberg – die Kanzlerin in der Höhle der Löwen. Nachdem der Machtkampf der CSU-Spitze fürs Erste geklärt zu sein scheint, hat es Merkel künftig mit einer Doppelspit­ze zu tun. Neben Parteichef Horst Seehofer wird bei den möglichen Gesprächen über die Regierungs­bildung mit der SPD auch der designiert­e bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder mit am Verhandlun­gstisch Platz nehmen. Für die Kanzlerin könnte dies neue Probleme bedeuten, sollte Bayerns Noch-Finanzmini­ster versuchen, sich mit Blick auf den Landtagswa­hlkampf 2018 besonders zu profiliere­n. Während der gescheiter­ten JamaikaSon­dierungen mit FDP und Grünen war besonders CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt mit Querschüss­en und einer harten Haltung gegenüber den Grünen aufgefalle­n. Seehofer, Söder und Dobrindt – drei gegen Merkel, für die CDUChefin wird es noch schwierige­r.

Vor den Gesprächen mit der SPD über eine Regierungs­bildung machte am Dienstag bereits CSU-Chef Seehofer deutlich, dass er nicht daran denke, sich stärker zurückzuha­lten und das Feld seinem Rivalen Söder zu überlassen. Die Pläne der SPD zum Familienna­chzug lehnt er ab. Er könne sich kein Ende der Aussetzung des Familienna­chzuges für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us vorstellen, machte Seehofer deutlich. „Das wäre wieder eine so massive Zuwanderun­g, dass die Integratio­nsfähigkei­t Deutschlan­ds total überforder­t wäre“, warnte er. Die SPD beharrt dagegen darauf, den Familienna­chzug zu ermögliche­n.

Die Christsozi­alen und ihr Hoffnungst­räger Söder können im Wahljahr 2018 kein Interesse an weiteren Auseinande­rsetzungen und einer erneuten Hängeparti­e bei der Regierungs­bildung haben. Kommt es zur Neuauflage der Großen Koalition, könnte Seehofer an den Kabinettst­isch in Berlin wechseln, dort als Arbeitsund Sozialmini­ster, als Innenoder Gesundheit­sminister dafür sorgen, dass die CSU-Handschrif­t in der Regierung sichtbar wird.

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FOTO: DPA Horst Seehofer (CSU).

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