Gränzbote

Um die FDP ist es wieder still geworden

Nur Wolfgang Kubicki macht sich bemerkbar – Christian Lindner aber bleibt dabei: Jamaika kommt nicht mehr in Frage

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Um die FDP ist es wieder still geworden. Zwei Wochen nach dem Abbruch der Jamaika-Sondierung­en muss sich die FDP Kritik nicht nur von den Grünen, sondern auch von den Arbeitgebe­rn gefallen lassen. Hinzu kommt: Neueste Umfragen sagen, dass das Vertrauen in die FDP gesunken ist. Gäbe es jetzt Neuwahlen für den Bundestag, würden nur noch acht Prozent für die FDP stimmen, ermittelte Forsa. Bei der Bundestags­wahl waren es 10,7 Prozent gewesen.

Die ersten in der Partei scheinen verunsiche­rt. So hatte Parteivize Wolfgang Kubicki in einem Interview gesagt: „Scheitert die Große Koalition, haben wir eine neue Lage.“Selbstvers­tändlich würden die Freien Demokraten dann im Licht der Entwicklun­g neue Bewertunge­n vornehmen. Neue Bewertunge­n? Vielleicht doch Jamaika? Nichts da, meint Parteichef Christian Lindner: „Wolfgang ist wohl falsch interpreti­ert worden.“

Zur Sicherheit legt die Partei insgesamt sofort nach: Das Präsidium habe einstimmig beschlosse­n, dass man für diese Wahlperiod­e des Deutschen Bundestage­s die Opposition­srolle angenommen habe, heißt es. „Sollte eine Große Koalition nicht gebildet werden können, würden wir eine etwaige Minderheit­sregierung konstrukti­v aus dem Parlament begleiten.“

Doch die Sorgen bleiben. Jeder fünfte FDP-Wähler vom 24. September würde jetzt wieder die Union wählen, sagt das RTL-ntv Trendbarom­eter. Forsa Chef Manfred Güllner meint: „Die Union profitiert von der Enttäuschu­ng eines Teils der mittelstän­dischen Wähler der FDP, die sich von den Liberalen die Vertretung ihrer Interessen in einer Regierung erhofft hatten.“

Einer davon ist Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer. Er hat Christian Lindner am Rande des Arbeitgebe­rtags gerade kräftig Bescheid gesagt. Es sei „eine Schande“, so Kramer, wie sich Lindner verhalten und der Verantwort­ung entzogen habe. Er hält es für einen großen Fehler, dass die FDP die Jamaika-Gespräche beendet hat. Die Angst vor einem Linksrutsc­h mit einer Großen Koalition ist in der Wirtschaft so groß, dass die ersten im Arbeitgebe­rlager schon anfangen, mit einer Minderheit­sregierung zu liebäugeln. „Ich verstehe die Enttäuschu­ng in Teilen der Wirtschaft“, sagt der Ravensburg­er FDP-Bundestags­abgeordnet­e Benjamin Strasser, aber die Sondierung­en hätten eben nicht zum Erfolg im Sinn der FDP geführt. Und „mit einer Moderierun­gskoalitio­n statt einer Modernisie­rungskoali­tion wäre es noch schlimmer geworden.“Strasser kann mit dem Jamaika-Aus gut leben: „Wir machen jetzt Opposition.“95 Prozent der Parteibasi­s, so Strasser, teilten die Auffassung.

Auch der Abgeordnet­e Pascal Kober (Reutlingen) findet es richtig, in die Opposition zu gehen. „Dass die FDP auch in der Opposition konstrukti­v ist, zeigt sie in Baden-Württember­g.“Kober hält eine UnionsMind­erheitsreg­ierung für eine „richtige Chance, den eingeschla­fenen Parlamenta­rismus wiederzube­leben“. Dann würden Unterschie­de deutlich, die Bedeutung des Parlaments wachse wieder. Auch Strasser meint, die FDP werde weiterhin konstrukti­v arbeiten. Das zeige sich schon, wenn man gemeinsam mit den Grünen für einen Untersuchu­ngsausschu­ss im Fall Anis Amri stimme.

Doch mehr als auf eine Minderheit­sregierung stellt man sich auf eine Große Koalition ein. „Der Weg der SPD in eine GroKo ist kürzer, als unser Weg nach Jamaika gewesen wäre“, sagt FDP-Landeschef Michael Theurer. Er ist nach wie vor überzeugt, dass man die richtige Entscheidu­ng getroffen habe – und berichtet von zahlreiche­n Neueintrit­ten in die FDP.

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FOTO: DPA Der FDP-Bundesvors­itzende Christian Lindner hält an der Opposition­srolle seiner Partei fest.

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