Gränzbote

Berührung im Verborgene­n

Die „Uraufführu­ng eines Happenings“hat neue Sichtweise­n aufgebrach­t

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN – Musik und Bewegung: Die „Uraufführu­ng eines Happenings“haben die gut 80 Besucher am Dienstagab­end im Rahmen der Eröffnungs­feiern des Landeszent­rums im Kesselhaus in Trossingen erlebt.

Unter dem Titel „Berührung im Verborgene­n“bespielten Studierend­e aus verschiede­nen Fachrichtu­ngen das 115 Jahre alte Herzstück des alten Hohner-Areals. Den Gästen wurden schwarze Masken mit Augenschli­tzen angeboten – rund die Hälfte behielt sie den Abend über auf. Noch weniger sehen konnte Harold Sinot. Als er auf dem Kesselhaus-Flügel den zweiten Satz, „Mesto, rigido e cerimonial­e“von György Ligetis 1969 uraufgefüh­rter „ausgesucht­er Musik“spielte, hatte er seinen Kopf mit einem schwarzen Tuch umwickelt.

Für den folgenden „Valse triste“von Jean Sibelius nahm Yinong Wang den Platz am Klavier ein, Dominik Widmann spielte Saxofon, Milena Röder-Sorge Kontrabass.

Auf einem der historisch­en technische­n Geräte auf der Empore saß David Maksimovic mit seinem Scandalli Akkordeon. Der 21-jährige Bachelorst­udent aus Serbien hatte sich „Annäherung­smeditatio­n für Akkordeon und elektroaku­stische Aufnahme“ausgewählt, 2008 von der Slowenin Bojana Šaljic Podešva komponiert.

Nur wenige Schritte brachten das Publikum in den Nebenraum und 275 Jahre zuück in die Zeit Georg Philipp Telemanns. Das Quartett in E.Moll aus dem dritten Teil der Tafelmusik stand auf dem Programm. An einem Ende des langen Tisches lag das Cembalo, von Adeline Cartier gespielt. An der Traversflö­te glänzte Ayako Tsukamoto, am Barockcell­o Izumi Fujii, Alexander Pilchen an der Barockviol­ine.

Improvisat­ionstalend und keinerlei Höhenangst bewies Posauenenz­auberer Keisuke Fujinami, als er auf einer Plattform über der Turbine stehend – sein Instrument und seine Sprechstim­me erklingen ließ.

„Upward“, die dritte der Studien des Italieners Stefano Scodanibbi­o, erklang wieder ebenerdig, aber hinter drei durchsicht­igen Vorhängen. Der 22-jährige Kölner Zacharias Fasshauer steuerte das Werk aus den 90er-Jahren bei. Ausgefeilt­e Technik setzte die Töne des Kontrabass­es in Strichcode-Fragmente um, die auf die dünnen Stoffbahne­n projiziert wurden. Auch das Trossinger Laptopense­mble mit dem bezeichnen­den Kürzel TROLL war an dem ungewöhnli­chen Programm beteiligt. Die „Bewegung“vollführte­n sechs von Nadja Werthmann fantasievo­ll geschminkt­e Rhythmiker­innen: EvaMaria Gebauer, Miriam Gluth, Hannah Monninger, Laura Sichler, Hannah Tilt und Sophia Waldvogel schwebten graziös im Walzerschr­itt zwischen den Gästen, bewegten sich eckig zu den modernen Akkordeonk­längen, führten Gäste graziös an die Tafel und fütterten sie mit Weintraube­n. Von der Posaunenim­provisatio­n übernahmen die Tänzerinne­n hektisches Geflatter und Geplapper, um schließlic­h beim finalen Tutti wieder wie eingangs dekorative Statuen zu geben.

Beifall erscholl für eine ungewöhnli­che Zeitreise.

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FOTO: ADDICKS Ganz neue Perspektiv­en für das Publikum.
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