Was der Brief kann, wird die SMS nie schaffen
Gerade im Advent besinnen wir uns nach Leibeskräften vieler Dinge der Vergangenheit. Wir reihen uns zum Beispiel ein in die langen Schlangen der wenigen noch verbliebenen Postschalter dieser Republik, um Briefmarken zu kaufen. Also ganz echte, eben solche, die man mit etwas Spucke auf einen Brief bappt. Also einen aus Papier, keine EMail. Im Advent tun Menschen so etwas noch: Papier von Hand beschreiben und Briefe in einen Briefkasten werfen, sofern man über ein eigenes Auto verfügt, weil in fußläufiger Nähe leider keine Kästen mehr hängen.
Der Weihnachtsgruß für die Verwandten, die man auch heuer wieder nicht persönlich treffen kann – wegen zu viel Arbeit, wegen keine Lust auf Autobahn, wegen aus Gründen halt – ist halt doch noch was Persönliches. Auch wenn die Weihnachtskarte zunehmend dem digitalen Gestotter einer Kurznachricht weicht, die ohne Papier keinen Bestand hat. In Kellern und auf Dachböden unzähliger Häuser ist noch irgendwo ein Karton vergraben, vielleicht mit einer Paketschnur gebunden. In diesen Schachteln ruhen die Weihnachtskarten aus Jahrzehnten. Gleich aufbewahrt neben den Liebesbriefen, die mit bittersüßer Schnulzigkeit Menschen ewige Liebe schwören, die wir längst aus den Augen verloren haben. Nur dieser Brief – zufällig gefunden nach langer Zeit – vermag den indes grau gewordenen Autor daran zu erinnern, wie das Gesicht rot glühte beim Schreiben. Wie es sich anfühlt, frisch verliebt zu sein. Das sollten wir nicht vergessen, wenn wir den nächsten elektronischen Gruß oder die nächste digitale Liebeserklärung tippen. Denn eine SMS landet nie in einem Schuhkarton. (nyf)