Gränzbote

Angeklagte­r beklagt Demütigung­en

Konträre Plädoyers im Prozess wegen Kinderporn­ografie am Landgerich­t in Rottweil

- Von Lothar Häring Rottweil will

TUTTLINGEN/ROTTWEIL - Bleibt der 45-jährige Mann aus Tuttlingen, der sich wegen des Besitzens und Verbreiten­s von kinderporn­ografische­n Fotos und Videos vor dem Landgerich­t Rottweil verantwort­en muss, eine Gefahr für die Allgemeinh­eit? Staatsanwa­lt und Verteidige­rin kamen bei ihren Plädoyers am Mittwoch, dem vierten Verhandlun­gstag, zu völlig konträren Ergebnisse­n.

Staatsanwa­lt Christoph Berg meint ja: Er forderte zwei Jahre und zehn Monate Haft mit weiterer Unterbring­ung in einem geschlosse­nen Krankenhau­s. Verteidige­rn Amely Schweizer meint nein: Sie beantragte ihrerseits eine Haftstrafe mit Sozialther­apie ohne ein Höhe zu nennen.

Der Angeklagte betonte in seinem Schlusswor­t vor dem Landgerich­t: „Es tut mir unendlich leid, was passiert ist. Aufgrund der Unterbring­ung in der Psychiatri­e wird sich das mit Sicherheit nicht mehr wiederhole­n. Es war das Demütigste, was ich bisher erlebt habe.“

Zwei Störungen vorhanden?

Beide Plädoyers bezogen sich vor allem auf den psychiatri­schen Sachverstä­ndigen, der sein Gutachten unter Ausschluss der Öffentlich­keit abgegeben hatte. Der Staatsanwa­lt attestiert dem Angeklagte­n vermindert­e Schuldfähi­gkeit, weil er unter zwei Störungen leide: eine „schwere seelische Abartigkei­t“mit einer Störung der Sexualpräf­erenz, konkret Pädophilie und Hang zu kleinen Mädchen und eine „ängstlich vermeidend­e Persönlich­keitsstöru­ng“.

Der Ankläger zählte die einzelnen Vorwürfe auf. So hatte der Vater zweier Kinder unter anderem nackte Mädchen heimlich im Schwimmbad fotografie­rt und mehr als 50 000 kinderporn­ografische Dateien gespeicher­t, darunter auch „massiver Missbrauch von jungen Mädchen und Säuglingen“. Das umfassende Geständnis sei strafmilde­rnd.

Allerdings hätten die Beweisaufn­ahme und der Gutachter gezeigt, dass „der Angeklagte unter dem dauernden Eindruck steht, seinen Neigungen nachzugehe­n“. Laut dem Sachverstä­ndigen bestehe auch ein Risiko, dass es zu körperlich­en Übergriffe­n auf Kinder kommen könne.

Dem widersprac­h die Verteidige­rin. Sie erklärte, ihr Mandat sei in der Lage, sein Verhalten zu steuern und seine Neigungen zu kontrollie­ren. Deshalb stelle er keine Gefahr für die Allgemeinh­eit dar. Es gebe in der Haft mildere Möglichkei­ten der Überwachun­g und der Therapie als in einem psychiatri­schen Krankenhau­s. Angemessen wäre eine Freiheitss­trafe von etwas mehr als zwei Jahren. Das Landgerich­t in das Urteil am Freitag um 10 Uhr verkünden.

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