Kälte in der Kriegsgefangenschaft
Spaichingen vor 100 Jahren: Rückkehr aus Russland im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs
SPAICHINGEN - Zum 100. Mal jährt sich heuer das Ende des Ersten Weltkriegs. Im Andenken an die entbehrungsreiche Zeit der Kriegsjahre machen wir uns in dieser Serie im Archiv des Heuberger Boten auf die Suche nach Ereignissen und Spuren aus dem letzten Kriegsjahr in Spaichingen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Rückkehr eines Spaichinger Bürgers aus russischer Kriegsgefangenschaft.
„Groß war die Freude des Wiedersehens bei seinen Angehörigen, sowie bei der Einwohnerschaft“, berichtet der Heuberger Bote am 14. Mai 1918. Anlass ist die Rückkehr von Johann Geiger nach Spaichingen. Die konnte sich lange keiner erhoffen. Denn der Infanterist befand sich drei Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft. Wie der Heuberger Bote damals berichtet, ist Geiger der erste Spaichinger, der aus russischer Gefangenschaft zurückkehrt. 1915 war er bei einer Patrouille in die Hände der Feinde geraten. Von Behandlung und Verpflegung könne er „nichts Gutes berichten“, heißt es im Artikel. Geiger kam demnach zuerst in ein Sammellager, dann an die sibirische Grenze. Bei bis zu 38 Grad minus habe er im Holz schwer arbeiten müssen, bei einer „Tasse Kaffee und einem Stück Brot“. Viele seiner Kameraden seien aufgrund der Kälte im Winter 1916/1917 gestorben.
Erste Lebenszeichen an die Angehörigen
Geiger selbst erkrankte laut dem Bericht 1917 schwer, woraufhin er in ein Lazarett nach St. Petersburg kam. Dort, schreibt der Heuberger Bote, „wurde er als feld- und garnisondienstuntauglich ausgetauscht.“Geiger war damit wohl Teil des Austauschs von Kriegsgefangenen in Folge des Friedens von Brest Litowsk zwischen Russland und dem Deutschen Reich vom 3. März 1918. Erst Ende März erhielten die Angehörigen erste Lebenszeichen, vorher waren die Briefe in die Heimat nie angekommen.
Insgesamt gerieten im Ersten Weltkrieg rund acht Millionen Menschen wie der Spaichinger Johann Geiger in Kriegsgefangenschaft, 2,4 Millionen davon in Russland. Etwa ein Viertel überlebte nicht. Das Deutsche Reich nahm rund 2,5 Millionen Soldaten der Entente gefangen.