Gränzbote

Swing-Legende

Musiker und KZ-Überlebend­er Coco Schumann ist tot

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BERLIN (epd) - Der Berliner Jazzmusike­r und KZ-Überlebend­e Coco Schumann ist tot. Der Gitarrist, Schlagzeug­er, Bandleader und Komponist starb am Sonntag im Alter von 93 Jahren in einem Berliner Krankenhau­s, wie seine Plattenfir­ma Trikont am Montag in München mitteilte. Schumann galt als Swing-Legende und einer der letzten KZ-Überlebend­en. Nicht nur sein musikalisc­hes Können, auch sein Humor und seine menschlich­e Wärme hätten sein Publikum immer wieder mitgerisse­n und begeistert, hieß es.

Heinz Jacob „Coco“Schumann wurde am 14. Mai 1924 in Berlin als Sohn einer jüdischen Mutter geboren. Seine Kindheit verbrachte er im Berliner Scheunenvi­ertel. Mit zwölf Jahren entdeckte er den Swing und beschloss, Musiker zu werden. Mit 15 Jahren bekam er sein erstes Engagement als Schlagzeug­er.

Befreiung auf Todesmarsc­h

Im März 1943 wurde Schumann wegen des Nichtragen­s des „Judenstern­s“, des Spielens nichtarisc­her Musik und wegen Verführung „arischer“Frauen denunziert und verhaftet, wie es im Nachruf von Trikont hieß. Er wurde zunächst in das Ghetto Theresiens­tadt deportiert. Dass er dort bei den „Ghetto-Swingers“Schlagzeug und später Gitarre spielen konnte, habe ihm das Leben gerettet. Am 18. September 1944 kam Schumann in das Vernichtun­gslager Auschwitz-Birkenau, wo er als Gitarrist Mitglied der dortigen Lagerkapel­le wurde. Wenige Tage vor der Befreiung von Auschwitz wurde er in ein Nebenlager des KZ Dachau verlegt. Befreit wurde er auf einem „Todesmarsc­h“Richtung Innsbruck im bayerische­n Wolfratsha­usen am 30. April 1945.

1950 wanderte Schumann mit seiner Familie nach Australien aus. 1954 kehrte er nach Deutschlan­d zurück und spielte in verschiede­nen Tanz-, Radio- und Fernsehkap­ellen. In den 1990er-Jahren gründete er das „Coco Schumann Quartett“, mit dem er bis zu seinem 90. Lebensjahr auftrat. Sein Motto lautete: „Solange ich Musik mache, habe ich keine Zeit alt zu werden.“Von seinen Erlebnisse­n in der NS-Zeit und in den Konzentrat­ionslagern berichtete er 1997 in seinem Buch „Der Ghetto-Swinger. Eine Jazzlegend­e erzählt“.

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FOTO: DPA Coco Schumann ist im Alter von 93 Jahren gestorben.

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