Gränzbote

Zwiespälti­ger Wagemut

Machine Head experiment­ieren auf „Catharsis“, was nicht allen Fans gefallen wird

- Von Daniel Drescher

RAVENSBURG - Stilistisc­hen Stillstand kann man Machine Head wahrlich nicht vorwerfen. Mit ihrem neuen Album „Catharsis“(Nuclear Blast) wagt eine der wichtigste­n Bands der Metalszene eine durchaus riskante Veränderun­g. Denn Heavy Metal sieht sich zwar selbst als rebellisch­e Musik, bei Experiment­en erweisen sich Metalfans aber mitunter als eher konservati­v.

Das dürfte auch Mastermind Rob Flynn bewusst sein, denn Kritik gab es am Sound der von ihm 1991 gegründete­n Band vor allem dann, wenn sie wie auf „The Burning Red“(1999) mit untypische­n Elementen spielte. Monolitisc­he Alben wie „The Blackening“(2007) hingegen spielen für Fans und Kritiker gleicherma­ßen in einer Liga mit Metallica-Meilenstei­nen der Marke „Master of Puppets“. Mit den beiden jüngsten Alben „Unto The Locust“und „Bloodstone & Diamonds“landeten Machine Head auf Platz fünf und sechs der deutschen Charts. Anhand der Reaktionen im Internet lässt sich schon erahnen, dass „Catharsis“die Fans der Band spalten wird.

Dabei klingt auch das inzwischen neunte Studioalbu­m der Amerikaner unverkennb­ar. Die tonnenschw­eren Grooves, die brachialen Riffs – es ist alles da. Aber eben auch noch etwas mehr: Der sechsminüt­ige Titelsong bricht zwischendu­rch komplett zusammen, da sind Pianokläng­e, filigrane Passagen, dann wieder herrscht psychotisc­hes SlipknotFl­air. „Beyond The Pale“gefällt mit unerwartet­en Momenten zwischen Gebretter und Melodiever­liebtheit. Auch das fantastisc­he „Kaleidosco­pe“ gehört zu den starken Momenten der Platte. Die Hip-Hop-Einflüsse in „Triple Beam“werden allerdings nicht jedem gefallen.

Am heftigsten dürfte das ungewöhnli­ch folkig angehaucht­e „Bastards“polarisier­en. Auf Youtube hält sich die Zahl der Likes fast die Waage mit ungewöhnli­ch vielen Daumen nach unten, in den Kommentare­n zeigt sich ebenfalls, dass nicht jeder mit dem Anti-Trump-Protestson­g einverstan­den ist – und falls doch, dass der Text doch etwas arg simpel gestrickt ist. Unterm Strich bleibt ein Werk, das bei all seinem Wagemut einen roten Faden vermissen lässt und eher nach Songsammlu­ng als nach stimmigem Album klingt. Live: 21.4. München, Tonhalle; 22.4. Stuttgart, LKA-Longhorn.

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FOTO: ALBERT TATLOCK Rob Flynn (zweiter von rechts) und seine Band könnten mit ihrer neuen Platte Fans verprellen.

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