Zwiespältiger Wagemut
Machine Head experimentieren auf „Catharsis“, was nicht allen Fans gefallen wird
RAVENSBURG - Stilistischen Stillstand kann man Machine Head wahrlich nicht vorwerfen. Mit ihrem neuen Album „Catharsis“(Nuclear Blast) wagt eine der wichtigsten Bands der Metalszene eine durchaus riskante Veränderung. Denn Heavy Metal sieht sich zwar selbst als rebellische Musik, bei Experimenten erweisen sich Metalfans aber mitunter als eher konservativ.
Das dürfte auch Mastermind Rob Flynn bewusst sein, denn Kritik gab es am Sound der von ihm 1991 gegründeten Band vor allem dann, wenn sie wie auf „The Burning Red“(1999) mit untypischen Elementen spielte. Monolitische Alben wie „The Blackening“(2007) hingegen spielen für Fans und Kritiker gleichermaßen in einer Liga mit Metallica-Meilensteinen der Marke „Master of Puppets“. Mit den beiden jüngsten Alben „Unto The Locust“und „Bloodstone & Diamonds“landeten Machine Head auf Platz fünf und sechs der deutschen Charts. Anhand der Reaktionen im Internet lässt sich schon erahnen, dass „Catharsis“die Fans der Band spalten wird.
Dabei klingt auch das inzwischen neunte Studioalbum der Amerikaner unverkennbar. Die tonnenschweren Grooves, die brachialen Riffs – es ist alles da. Aber eben auch noch etwas mehr: Der sechsminütige Titelsong bricht zwischendurch komplett zusammen, da sind Pianoklänge, filigrane Passagen, dann wieder herrscht psychotisches SlipknotFlair. „Beyond The Pale“gefällt mit unerwarteten Momenten zwischen Gebretter und Melodieverliebtheit. Auch das fantastische „Kaleidoscope“ gehört zu den starken Momenten der Platte. Die Hip-Hop-Einflüsse in „Triple Beam“werden allerdings nicht jedem gefallen.
Am heftigsten dürfte das ungewöhnlich folkig angehauchte „Bastards“polarisieren. Auf Youtube hält sich die Zahl der Likes fast die Waage mit ungewöhnlich vielen Daumen nach unten, in den Kommentaren zeigt sich ebenfalls, dass nicht jeder mit dem Anti-Trump-Protestsong einverstanden ist – und falls doch, dass der Text doch etwas arg simpel gestrickt ist. Unterm Strich bleibt ein Werk, das bei all seinem Wagemut einen roten Faden vermissen lässt und eher nach Songsammlung als nach stimmigem Album klingt. Live: 21.4. München, Tonhalle; 22.4. Stuttgart, LKA-Longhorn.