Gränzbote

Ehrenamtsb­örse hört mangels Interessen­ten auf

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TUTTLINGEN - Nach drei Jahren ist Schluss: Aufgrund zu geringer Resonanz beendet das Team um Roland Jägle zum 1. Februar die „Tuttlinger Ehrenamtsb­örse“. Redakteuri­n Sabine Krauss hat sich mit dem Initiator über das Aus des Projekts unterhalte­n.

Herr Jägle, wie groß ist Ihre Enttäuschu­ng, nachdem Sie viel Herzblut in das Projekt gesteckt haben?

Die Enttäuschu­ng ist natürlich schon da. Aber der Aufwand, allein circa 90 Sitzungen (ohne Beratungen), stand einfach in keinem Verhältnis mehr zum Ertrag. Die Idee war gut und ist noch immer gut – und es tut mir leid, dass wir nicht so erfolgreic­h waren, wie wir es uns zu Beginn vorgestell­t haben. Vielleicht finden wir ja Nachfolger!

Was war der Inhalt der Ehrenamtsb­örse?

Ziel der Ehrenamtsb­örse war die Lobbyarbei­t für das Ehrenamt und die konkrete Vermittlun­g von Interessie­rten an geeignete Organisati­onen. In den vergangene­n Jahren wurden mehrere Vortragsve­ranstaltun­gen organisier­t und Öffentlich­keitsarbei­t betrieben. Über 60 Stellenbes­chreibunge­n sind entstanden, die über eine eigene Homepage abrufbar waren.

Nur war das Interesse zu gering...

Ja, es bestand leider wenig Interesse. Wir hatten höchstens eine Person pro Monat, die sich engagieren wollte. Von Seiten der Institutio­nen war das Interesse anfangs groß – bei einer der ersten Infoverans­taltungen waren rund 20 Personen da. Dies ist aber sehr zurückgega­ngen – zum Treffen im Herbst wären nur wenige Vertreter der Institutio­nen gekommen, daher haben wir die Veranstalt­ung abgesagt. Jede Einrichtun­g bemüht sich mit Blick auf die eigenen Interessen alleine, obwohl alle Organisati­onen unter dem gleichen gesellscha­ftlichen Wertewande­l und der nachlassen­den Bereitscha­ft zu Beteiligun­g und Engagement leiden.

Was denken Sie: Warum hat das Konzept nicht funktionie­rt?

Man hat uns nicht gekannt, obwohl wir oft Werbung gemacht haben. Und viele Personen engagieren sich in Bereichen, die ihnen vertraut sind, zum Beispiel in kirchlich organisier­ten Organisati­onen. Zudem kommt: Das meiste, das wir vermittelt haben, waren bezahlte Tätigkeite­n – einiges etwa im Bereich der Ganztagsbe­treuung an Schulen. Es ist so, dass es sich nicht mehr alle leisten können, ein unbezahlte­s Ehrenamt zu übernehmen. Der Durchschni­ttsrentner muss zur Aufbesseru­ng der Rente noch etwas zusätzlich­es machen. Es bleibt die Frage offen, ob „Ehrenamt ohne Bezahlung“eine Zukunft hat.

Nehmen Sie sich nun ein neues Projekt vor?

Nein, ich habe kein neues Projekt vor Augen. Ich bin 76 Jahre alt und werde mich im Lauf der nächsten Monate auch aus anderen Ehrenämter­n zurückzieh­en. Zur Zeit lese ich als Lesepate einmal pro Woche im Möhringer Kindergart­en vor – wenn ich da in die strahlende­n Kinderauge­n blicke, bin ich zufrieden.

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FOTO: SKR Roland Jägle

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