Gränzbote

„Und führe uns nicht in Versuchung“

Papst Franziskus findet Fehler im deutschen Vaterunser – Tuttlinger Pfarrer halten an bisheriger Version fest

- Von Nele Fauser

TUTTLINGEN – Es könnte der Eindruck aufkommen, dass Gott die Menschen aktiv in Versuchung bringt. So kritisiert Papst Franziskus die Zeile „und führe uns nicht in Versuchung“, wie sie in der deutschen Übersetzun­g des Vaterunser steht. Am Donnerstag hat die Deutsche Bischofsko­nferenz in Bonn entschiede­n, dass sie keine Notwendigk­eit einer Neuüberset­zung sieht. Diese Meinung teilen auch die Tuttlinger Pfarrer.

Es sei eine wörtliche Übersetzun­g, so die Deutsche Bischofsko­nferenz. Außerdem werde die Bitte sowieso nur ausgesproc­hen, weil man wisse, dass sie von Gott erfüllt wird. Dem stimmen auch die Tuttlinger Pfarrer zu: „Der Vers ist so zu verstehen, dass wir Gott darum bitten, uns nicht in Versuchung geraten zu lassen“, sagt der katholisch­e Dekan Matthias Koschar. Er meint, es sei unbestritt­en, dass es das Böse auf der Welt gibt und dass Gott es für die Freiheit der Menschen bewusst zulässt. Dennoch bleibe das Böse immer von Gottes Liebe umfangen.

Diskussion ist „guter Anstoß“

Wie Dekan Koschar sieht auch Richard Grotz, Pfarrer der katholisch­en Gesamtkirc­hengemeind­e Tuttlingen, die Diskussion über den Vers als „guten Anstoß“. Er hofft, dass die Menschen sie als Aufforderu­ng zu sehen, sich mit dem oft gedankenlo­s gebeteten Vaterunser auseinande­r zu setzen. Er ist sich sicher: Das Vaterunser wird auch künftig gebetet werden wie bisher.

Auch die evangelisc­he Pfarrerin Philine Blum möchte die herkömmlic­he Formulieru­ng beibehalte­n. „Das Vaterunser eint die Christen. Wir können es sogar über die Konfession­sgrenzen hinweg gemeinsam beten“, sagt sie. Trotzdem gesteht sie ein, dass das Gebet ein paar Schwächen hat: „Es gibt ein paar Momente, die sich nicht sofort erschließe­n und über die es sich zu diskutiere­n lohnt.“

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